Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 22.07.2014; Aktenzeichen 16 O 432/13)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.7.2014 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des LG Berlin - 16 O 432/13 - wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung (wegen der landgerichtlichen Verurteilung in Ziff. 1 des landgerichtlichen Tenors in Höhe von 10.000 Euro und im Übrigen in Höhe des vollstreckbaren Betrages) abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit (wegen der landgerichtlichen Verurteilung in Ziff. 1 des landgerichtlichen Tenors in Höhe von 10.000 Euro und im Übrigen in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages) leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger (...e.V.) begehrt von der Beklagten (die unter anderem ein Online-Bewertungsmanagementsystem für das Hotelgewerbe anbietet) Unterlassung der unaufgeforderten Zusendung von Werbe-E-Mails sowie Erstattung von Abmahnkosten.

Am 1.3.2013 sendete die leitende Kundenberaterin der Beklagten an die Hotelinhaberin Frau D..R.., zu der keine geschäftlichen Kontakte bestanden, eine E-Mail mit folgendem Inhalt (Anlage K 4):

"Guten Tag D..R..,

die ETB rückt immer näher. Gerne würde ich mich mit Ihnen darüber unterhalten, wie wir Sie beim Bewertungsmanagement unterstützen können.

Da mein Team und ich nur noch wenige verfügbare Termine haben, bitte ich Sie, sich schnell mit mir unter dem folgenden Link anzumelden:...".

Die Signatur der E-Mail enthält folgende Formulierung:

"C.A.wird von dem Deutschen Hotelverband...als offizielle Branchenlösung für das Online-Bewertungs-Management empfohlen."

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 11.4.2013 ab. Daraufhin verpflichtete sich die Beklagte eingeschränkt und lediglich gegenüber Frau R..zur Unterlassung (Anlage K 8). Die Klage ist der Beklagten am 8.10.2013 zugestellt worden.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Werbung per E-Mail an solche Adressaten zu versenden, die eine ausdrückliche Einwilligung für den Erhalt von Werbung per E-Mail gegenüber der Beklagten nicht erteilt haben, wenn das geschieht, wie am 01.03.2013 gegenüber Frau D..R..geschehen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 219,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat insbesondere die Aktivlegitimation des Klägers gerügt.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Mit ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte insbesondere ihren erstinstanzlichen Vortrag zu einer fehlenden Aktivlegitimation des Klägers.

Die Beklagte beantragt, die angefochtene landgerichtliche Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Sachakten LG Berlin103 O 124/14, Senat 5 U 116/14 lagen in der mündlichen Verhandlung vor und waren Gegenstand der Erörterungen.

B. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

I. Der Kläger ist vorliegend klagebefugt, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

1. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

a) Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Industrie- und Handelskammern bundesweit (bis auf die IHK Aachen) Mitglieder des Klägers sind.

Insoweit wird Bezug genommen auf die hierzu erfolgte Beweisaufnahme des LG Berlin in dem Rechtsstreit 103 O 124/14, Senat 5 U 116/14. Den hiesigen Parteien sind der landgerichtliche Beweisbeschluss und die diesbezügliche Verfügung vom 3.2.2015 sowie die schriftliche Zeugenaussage der Zeugin J.B..vom 10.2.2015 in Ablichtung übersandt worden. Die Zeugin B.hat als Juristin des Klägers ohne Einschränkung bekundet, alle Industrie- und Handelskammern des Bundesgebietes (mit Ausnahme der Industrie- und Handelskammer Aachen) seien seit vielen Jahren und ungekündigt Mitglied des Klägers. Trotz des Näheverhältnisses der Zeugin zum Kläger bestehen keine Anhaltspunkte für eine wahrheitswidrige Aussage. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung auch keine Einwendungen erhoben.

b) Auf Grund der Mitgliedschaft der Industrie- und Handelskammern ist der Kläger sachlich in einem umfassenden Umfang prozessführungsbefugt (BGH, GRUR 1995, 122 juris Rn. 33f - Laienwerbung für Augenoptiker; GRUR 1997, 227 juris Rn. 12 - Aussehen mit Brille; GRUR 1997, 758 juris Rn. 14 - Selbsternannter Sachverständiger). Die Industrie- und Handelskammern sind ihrerseits gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG ohne Einschränkung auf ein konkretes We...

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