Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 29.11.1988; Aktenzeichen 102 O 494/88)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. November 1988 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung wegen der Hauptforderung in Höhe von 76.000,– DM und wegen der Kosten in Höhe des festzusetzenden Betrages zuzüglich eines Aufschlages von 10 v.H. abzuwenden, wenn nicht der Kläger seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

3. Die Beschwer der Beklagten beträgt 76.000,– DM.

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, daß die Regeln des lauteren Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr eingehalten werden.

Die Beklagte, die mit Immobilien handelt, warb in der Ausgabe der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung” vom 17. Oktober 1987 mit der nachfolgend in Ablichtung wiedergegebenen Anzeige:

Der Kläger erachtet diese Werbung als wettbewerbswidrig, weil die Beklagte dadurch, daß sie unter Angabe eines Preisbestandteiles, nämlich des Quadratmeterpreises, geworben habe, ohne zugleich auch den Endpreis der Grundstücke zu nennen, gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 der PrAngVO verstoßen habe.

Die Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin hat der Beklagten antragsgemäß durch Versäumnisurteil vom 1. März 1988 unter Androhung der im Gesetz vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt,

im geschäftlichen Verkehr für Immobilien mit der Nennung von Preisangaben zu werben, beispielsweise von Preisen pro m² ohne den Endpreis des dazugehörigen Baugrundstücks zu nennen, insbesondere zu werben:

„Baugrundstücke in Osterwald Neubaugebiet Molkereistr., 28 Grundstücke, von 500 bis 1000 m², 95,–/m²”.

Ihren hiergegen eingelegten Einspruch hat die Beklagte darauf gestützt, daß zum Zeitpunkt des Erscheinens des gerügten Inserates das Gesamtgrundstück, aus dem die beworbenen Bauplätze hätten herausgeschnitten werden sollen, noch ungeteilt gewesen sei und bei ihr auch noch keine Vorstellungen über die Lage und Größe der einzelnen Baugrundstücke bestanden hätten. Jeder Interessent, so hat sie weiter vorgetragen, habe daher noch einen Bauplatz in der von ihm gewünschten Größe und Lage erhalten können. Unter diesen Voraussetzungen, so hat sie gemeint, habe sie gar nicht die Möglichkeit gehabt, den Endpreis für bestimmte Baugrundstücke zu benennen, weswegen ihre Werbung nicht zu beanstanden sei.

Das Landgericht, nunmehr die Kammer für Handelssachen 102, an die der Rechtsstreit auf den Antrag der Beklagten gemäß §§ 95 Abs. 1 Nr. 5, 98 GVG zwischenzeitlich verwiesen worden war, hat durch Urteil vom 29. November 1988 das Versäumnisurteil aufrechterhalten.

Es hat eine Verletzung von § 1 Abs. 1 Satz 1 PrAngVO durch die fehlende Nennung der Endpreise der beworbenen Grundstücke trotz der Angabe des Quadratmeterpreises bejaht und darüberhinaus die Auffassung vertreten, diese Mißachtung der Preisangabenverordnung stelle zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG dar, weil die Preisangabenverordnung vom 14. März 1985 eine wertbezogene, den Schutz des Wettbewerbs bezweckende Norm sei.

Gegen dieses, ihr am 9. Januar 1989 zugestellte Urteil richtet sich die am 8. Februar 1989 eingelegte und am 7. März 1989 begründete Berufung der Beklagten.

Sie trägt vor:

Das Urteil des Landgerichts sei schon deswegen unzutreffend, weil in Anbetracht der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Kläger nicht als zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche befugt angesehen werden könne.

Die Klage sei aber nicht nur unzulässig, sie sei auch unbegründet. Denn eine Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 1 PrAngVO setze voraus, daß der Endpreis entweder feststehe oder jedenfalls anhand eines konkreten und tatsächlich vorhandenen Beispiels genannt werden könne. Beides sei bei den von ihr beworbenen Grundstücken nicht der Fall gewesen, denn diese hätten noch nicht festgelegt werden können, weil von der Stadt Garbsen die Abgrenzung der Bauparzellen zu den öffentlichen Erschließungsflächen noch nicht vorgenommen gewesen sei. Gleichwohl verlange die Entscheidung des Landgerichts von ihr, entweder die Werbung für in ihrer Größe noch nicht feststehende und noch nicht genau bestimmbare Grundstücke zu unterlassen, auch wenn es sich bei ihnen im Sinne des öffentlichen Baurechts um erschlossenes Bauland handele, oder durch willkürliche Größenannahmen, von denen mit ziemlicher Sicherheit erwartet werden könne, daß sie mit der Realität nicht übereinstimmten, zu einem Endpreis zu kommen. Beide Forderungen könnten augenscheinlich nicht Rechtens sein.

Zu Unrecht habe das Landgericht darüberhinaus in der Verletzung der Preisangabenverordnung ohne weiteres zugleich einen Wettbewerbsverstoß gesehen. Denn auch bei der neuen Preisangabenverordnung hande...

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