Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmissbräuchliche Berufung des Mieters auf Fehlen der Schriftform
Leitsatz (amtlich)
Dem Einwang der fehlenden Schriftform kann der Gegeneinwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben entgegenstehen, wenn die Parteien vereingart habe, gegenseitig auf jederzeitiges Verlangen einer Partei die Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun.
Normenkette
BGB § 550
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 01.11.2001; Aktenzeichen 29 O 98/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.11.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 29 des LG Berlin wird zurückgewiesen.
Die im Berufungsrechtszug weitergehend erhobene Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen jedoch die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 16.000 Euro abwenden, wenn der Kläger nicht Sicherheit vor der Vollstreckung in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die am 28.12.2001 eingelegte und am 25.1.2002 begründete Berufung der Beklagten richtet sich gegen das ihnen am 29.11.2001 zugestellte Urteil der Zivilkammer 29 des LG Berlin vom 1.11.2001. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.
Die Beklagten verfolgen im Berufungsrechtszug ihren auf Klageabweisung gerichteten Antrag sowie ihre Widerklageanträge weiter, wobei im Berufungsrechtszug bezüglich der Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses noch zusätzliche Anträge gestellt worden sind.
Die Beklagten begründen ihre Berufung wie folgt:
a) „Inbetriebnahme”:
Das LG gehe im angefochtenen Urteil zu Unrecht davon aus, dass mit der sog. Inbetriebnahme die Inbesitznahme durch den Mieter gemeint sei. Wenn die „Inbesitznahme” identisch hätte sein sollen mit der „Inbetriebnahme”, hätte in der Regelung des § 30 des Mietvertrages insofern nicht die Verwendung von verschiedenen Begriffen in einer logischen Verknüpfung stattfinden müssen; die Formulierung weise vielmehr darauf hin, dass es sich eben um Begriffe mit nicht identischem Inhalt handele. Der Kläger habe zutreffend zunächst vortragen lassen, dass als Mietbeginn der Tag der Inbesitznahme gewollt gewesen sei, wie sich aus einem Vertragsentwurf ergeben habe. Erst auf die Rüge ihres, der Beklagten, Geschäftsführers sei die Formulierung, wie nunmehr verwendet, in den Mietvertrag aufgenommen worden. Es habe insoweit kein Irrtum der Zeugin K. vorgelegen. Aus alledem folge, dass mit der Inbetriebnahme die Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit gemeint gewesen sei. Daran ändere auch nichts die Tatsache, dass üblicherweise mietzinsfreie Zeiträume ausdrücklich zeitlich beschränkt würden und im Fall der Abhängigkeit der Nutzung von einer Baugenehmigung bzw. Nutzungsänderungsgenehmigung eine bestimmte Frist in § 30 vorgesehen gewesen ist. Letzteres habe damit zusammengehangen, dass der Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung vorher nicht bekannt gewesen sei.
b) Putzschäden:
Bei den Putzschäden habe es sich nicht um einen anfänglichen Mangel gehandelt. Entgegen dem ursprünglichen Vortrag im Schriftsatz vom 14.9.2001 werde darauf verwiesen, dass die Putzschäden nicht schon vor Abschluss des Mietvertrages vorgelegen hätten; sie seien vielmehr als Folge der von dem Kläger durchgeführten Arbeiten vor Inbetriebnahme entstanden.
c) Staffelmiete:
Abgesehen davon, dass die Mietzahlungsverpflichtung erst ab dem 1.8.1997 eingesetzt habe, finde sich im Mietvertrag auch keine Regelung, dass der Mietzins sich pro Jahr um 0,50 DM/m2 erhöhe. Vielmehr seien in § 4 des Mietvertrages lediglich die einzelnen Mietzinsstufen für die Gesamtfläche ausgewiesen; es sei unzulässig, hieraus auf eine Erhöhungsvereinbarung von 0,50 DM/m2 zu schließen. Die Staffelmietvereinbarung habe den Hintergrund gehabt, dass die weiteren von dem Kläger durchzuführenden Ausbauarbeiten an den anderen zur Verfügung zu stellenden Räumen hätten honoriert werden sollen. Da die weiteren Räume unstr. nicht zur Verfügung gestellt worden seien, komme eine Anpassung der Miete auf Basis der einzelnen Staffelmieterhöhungen ab dem 3. Mietjahr nicht in Betracht.
d) Aufrechnung bezüglich Bewachungskosten:
Die Bewachungskosten seien überhöht; es komme nur ein Kostenansatz von 5 DM/m2 in Betracht. Mit einer derartigen Bemessung habe der Kläger sich in einem Vorprozess (LG Berlin – 29 O 179/00) im Vergleichswege einverstanden erklärt. Es habe sich hierbei zwar um ein Nachbarobjekt gehandelt; die dort erstellten Nebenkostenabrechnungen hätten jedoch eine wesentlich geringere Höhe gehabt. So hätten die Bewachungskosten in der Abrechnung von 1995 lediglich 3.867,20 DM betragen, wonach sie, die Beklagten, lediglich 128,24 DM bei einer Grundstücksgröße von 1.282,81 m2 zu tragen gehabt hätten. Auch der Kostenanstieg ergebe, dass der Kläger diesbezüglich nicht ordentlich gewirtschaftet habe; so hätten die Kosten 1997 339.896,76...