Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Beschränkung der Revision auf den Ausspruch über die Strafaussetzung.
2. Der Tatrichter ist jedoch nach § 267 Abs. 3 Satz 4 1. Alt. StPO gehalten, die Bewilligung der Strafaussetzung zur Bewährung im Urteil unter Darlegung der dafür maßgeblichen Erwägungen in einer den Anforderungen des sachlichen Rechts genügenden Weise zu begründen.
3. Bei einem schon mehrfach und dabei auch wiederholt wegen eines einschlägigen Delikts vorbestraften Täter, der schon frühere Bewährungsfristen nicht bestanden oder die neue Tat während laufender Bewährung begangen hat, sind erhöhte Anforderungen an die Begründung einer dennoch bewilligten erneuten Strafaussetzung zur Bewährung zu stellen.
4. Die (besonderen) Umstände, aus denen das Gericht trotz der mit dem Täter bisher gemachten schlechten Erfahrungen die positive Erwartung herleitet, müssen in den Urteilsgründen im Rahmen einer Gesamtwürdigung dargelegt werden, wobei eine Gegenüberstellung der bisherigen und der gegenwärtigen Lebensverhältnisse des Täters erforderlich ist und es einer eingehenden Auseinandersetzung mit den Vortaten und den Umständen, unter denen sie begangen wurden, bedarf.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 18.01.2016; Aktenzeichen (581) 285 Js 3989/14 Ns (66/15)) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 18. Januar 2016 im Ausspruch über die Strafaussetzung zur Bewährung mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Berlin das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Mit ihrer zunächst auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten, von der Generalstaatsanwaltschaft nachträglich weiter auf die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung beschränkten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Die von der Generalstaatsanwaltschaft nachträglich vorgenommene ausdrückliche Beschränkung der Revision auf den Ausspruch über die Strafaussetzung, die bereits in ihrer Zuschrift vom 21. März 2016 durch die Reduzierung der Ausführungen auf die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 StGB Ausdruck gefunden hat, ist wirksam.
a) Die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung ist ein selbständiger Teil des Urteilsspruchs (§ 260 Abs. 4 Satz 4 StPO). Sie kann isoliert angefochten werden, wenn sich die ihr zugrunde liegenden Erwägungen von denen der Strafzumessung trennen lassen (vgl. BGH NStZ 1994, 449; 1982, 285, 286; OLG Köln VRS 61, 365, 366; KG StV 1999, 605; Urteil vom 13. Dezember 2006 - [5] 1 Ss 305/06 [49/06] - [juris] m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 59. Aufl., § 318 Rdn. 20a; Fischer, StGB 63. Aufl., § 56 Rdn. 27). An der Trennbarkeit fehlt es nicht schon dann, wenn sich die bei der Strafzumessung und der Aussetzungsentscheidung jeweils berücksichtigten Tatsachen überschneiden (vgl. OLG Frankfurt am Main VRS 59, 106, 108). Da beides eine Gesamtwürdigung erfordert, verknüpfen doppelrelevante Feststellungen diese beiden Entscheidungsbereiche regelmäßig; es ist offensichtlich und vom Gesetzgeber in § 46 Abs. 2 StGB einerseits und § 56 Abs. 1 Satz 2 StGB andererseits vorgesehen, dass die Tatsachen, welche die Zumessung der Strafe im engeren Sinne mitbestimmen, auch für die Aussetzungsentscheidung wesentliche Bedeutung erlangen (vgl. OLG Köln VRS 61, 365, 367; KG, Urteil vom 13. Dezember 2006 - [5] 1 Ss 305/06 [49/06] - [juris] m.w.N.).
Die Beschränkung der Revision auf die Aussetzungsentscheidung ist jedoch unwirksam, wenn die Tatsachenfeststellungen und Erwägungen zum Strafmaß so unzulänglich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Aussetzungsentscheidung bilden, die Entscheidung über die Strafaussetzung an einem Fehler leidet, der zugleich die Strafzumessung betrifft, der Anfechtende sich gegen die Feststellung oder Nichtfeststellung einer doppelrelevanten Tatsache wendet oder eine unzulässige Verknüpfung von Strafmaß- und Aussetzungsentscheidung besteht (zum Ganzen vgl. BGHSt 47, 32; 29, 359; BGH NStZ 2001, 311; OLG Köln NStZ 1989, 90, 91; VRS 61, 365, 367; OLG Frankfurt am Main VRS 59, 106; NStZ-RR 1996, 309; KG, Urteil vom 13. Dezember 2006 - [5] 1 Ss 305/06 [49/06] - [juris] m.w.N.). Es muss stets gewährleistet sein, dass das stufenweise entstehende Gesamturteil frei von inneren Widersprüchen bleibt (vgl. BGHSt 47, 32; 29, 359, 365; KG a.a.O. m.w.N.; KG, Beschluss vom 19. Oktober 2015 - [3] 161 Ss 195/15 [107/15] - [juris] m.w.N.).
b) Nach diesen Rechtsgrundsätzen bestehen vorliegend keine Bedenken gegen die Beschränkung der Revision auf ...