Leitsatz (amtlich)
75.000 DM Schmerzensgeld für eine zur Unfallzeit 70-jährige Frau, die ein Schädelhirntrauma I. Grades erlitt.
Unfallbedingt traten etwa 6 Monate später (posttraumatische) epileptische Anfälle auf. Deshalb ist eine antiepileptische (medikamentöse) Therapie auf Dauer erforderlich. Gleichzeitig aufgetretene Wortfindungsstörungen und Paraphasien dauern fort.
Die zusätzliche ausländische Staatsangehörigkeit der in Deutschland verletzten Frau hat keinen Einfluss auf die Höhe des Schmerzensgeldes.
Normenkette
BGB § 847
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 22/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin, die i.Ü. zurückgewiesen wird, wird das am 13.12.1999 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 23.3.1998 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin bei Auftreten weiterer noch nicht erkennbarer Spätfolgen aus dem Unfall vom 30.7.1994 auch hierfür ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Klägerin 15/22 und die Beklagte 7/22.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 75.000 DM und für die Beklagte 25.000 DM.
Tatbestand
Die am 22.4.1925 geborene Klägerin wurde am 30.7.1995 gegen 8.17 Uhr auf der Bundesautobahn 9, km 154,9, südliche Richtung, infolge eines Verkehrsunfalls erheblich verletzt. Sie war Beifahrerin im vom Halter St. geführten Personenkraftwagen Mercedes Benz B – …. Gegen dieses Fahrzeug geriet infolge Unachtsamkeit die Fahrerin P. mit dem von dem Versicherungsnehmer der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der D.-Versicherungs, gehaltenen Pkw Renault HST – …. Es ist unstreitig, dass die Fahrerin des Pkw Renault den Verkehrsunfall allein verursacht und verschuldet hat, deshalb die Beklagte u.a. für den gesamten immateriellen Schaden der Klägerin einzustehen hat (§ 3 Nr. 1 PflVG i.V.m. §§ 823, 847 Abs. 1 BGB).
Die Beklagte hat vorprozessual ein Schmerzensgeld i.H.v. 50.000 DM an die Klägerin gezahlt.
Durch das am 13.12.1999 verkündete Urteil hat das LG festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin bei Auftreten weiterer noch nicht erkennbarer Spätfolgen aus dem Unfall vom 20.7.1995 – gemeint ist 1994 – auch hierfür ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen. Soweit die Klägerin ferner ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld i.H.v. 100.000 DM verlangt hat, hat das LG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass das von der Beklagten vorprozessual gezahlte Schmerzensgeld i.H.v. 50.000 DM genüge. Wegen der Begründung der Entscheidung des LG i.E. wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Urteils Bezug genommen.
Gegen diese ihr am 3.1.2000 zugestellte Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 3.2.2000 bei Gericht eingegangenen Berufung, die sie mit am 3.3.2000 eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Sie trägt unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im ersten Rechtszug vor:
Das LG habe unberücksichtigt gelassen, dass sie auch unter der Beeinträchtigung ihrer Sprache, der Wortfindung und des Sprachflusses als Unfallfolge andauernd leide. Gleiches gelte für die weitere Unfallfolge, dass sie nun die Fahreignung verloren habe mit der Konsequenz, dass sie vom gesellschaftlichen Leben in ihrem Heimatland, den USA, ausgeschlossen sei. Sie lebe dort in dem Bundesstaat Florida, einem Flächenstaat, in dem es faktisch keinen öffentlichen Personenverkehr gebe. Die Zersiedlung der Orte habe dazu geführt, dass Besorgungen und Besuche nur mit Hilfe eines Kraftfahrzeuges möglich seien.
Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass sie gerade aufgrund ihrer überdurchschnittlichen kognitiven Leistungsfähigkeit ihre Einschränkungen durch die Unfallfolgen in extremer Weise hilflos hinnehmen müsse. Deshalb liege ein überdurchschnittliches Genugtuungsinteresse vor.
Schließlich habe sich das LG mit den herangezogenen Entscheidungen unzutreffend auseinander gesetzt. Die angeführte lfd. Nr. 1777 der Entscheidungssammlung Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge, 18. Aufl., betreffe einen Fall, in dem der Geschädigte sich ein Mitverschulden von 50 % habe anrechnen lassen müssen, so dass ohne Mitverschulden nach dieser Entscheidung ein Schmerzensgeld i.H.v. 100.000 DM in Betracht komme. Zudem sei das LG nicht auf die unter lfd. Nrn. 1896, 1897 und 1946 wiedergegebenen Entscheidungen eingegangen. Das LG hätte die im Zeitpunkt seiner Entscheidung feststehenden Folgen, insbesondere die begründete Angst vor weiteren epileptischen Anfällen – zu denen es mehrfach gekommen sei – b...