Leitsatz (amtlich)
1. Zur Abgrenzung zwischen der Funktion eines Domain-Namens als Unternehmenskennzeichen und als Titel oder Überschrift.
2. Die nach § 12 BGB gebotene Interessenabwägung kann einem Unterlassungsanspruch entgegenstehen, wenn die Verwechslungsgefahr für den Internet-Nutzer nur „auf den ersten Blick” besteht.
3. Der Gebrauch eines fremden Unternehmenskennzeichens in einem Domain-Namen für ideelle Zwecke kann dann gemäß Art. 5 GG befugt sein, wenn damit wegen der Besonderheiten des Suchverfahrens von Internet-Suchmaschinen eine weit größere Öffentlichkeit erreichbar wird.
Normenkette
MarkenG § 15; BGB § 12; GG Art. 5
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 16 O 33/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil der Zivilkammer 16 des LG Berlin v. 6.3.2001 – 16 O 33/01 – geändert:
Die einstweilige Verfügung vom 18.1.2001 – 16 O 33/01 – wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.
Tatbestand
Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der Mineralölindustrie, welches kürzlich aus den drei Unternehmen T., F. und E. gebildet wurde. Ihre Produkte werden u.a. an Tankstellen mit der Bezeichnung „e.” vertrieben. Der Antragsgegner ist eine international tätige Umweltschutzorganisation.
Der Antragsgegner unterhielt eine Domain „http://www…e”, von welcher die Antragstellerin am 10.1.2001 Kenntnis erlangte. Wer diese Domain aufrief, erhielt Zugriff auf Internet-Seiten der Antragsgegnerin (unter der Adressenangabe „www….”), die sich kritisch mit der Ölförderung der Antragstellerin in Russland sowie deren Unternehmenspolitik auseinander setzen.
Die Antragstellerin hält die Domain www….de für eine Verletzung der von ihr beanspruchten Kennzeichenrechte und hat am 18.1.2001 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der dem Antragsgegner bei Vermeidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt worden ist, unter der Internet-Domain „www….” im Internet aufzutreten. Auf den Widerspruch des Antragsgegners hat das LG mit der angefochtenen Entscheidung die einstweilige Verfügung bestätigt. Es liege jedenfalls anfänglich eine Verwechselungsgefahr und Zuordnungsverwirrung vor, deren Unterbindung die Antragstellerin nach § 12 BGB verlangen könne.
Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird entsprechend § 543 Abs. 1, 1. Alt. ZPO a.F. abgesehen.
Entscheidungsgründe
A. Die Berufung ist begründet. Der Antragstellerin steht gegen den Antragsgegner kein Unterlassungsanspruch dahin zu, unter der Internet-Domain „www….” aufzutreten.
I. Firmenrechtliche Ansprüche aus § 15 MarkenG kommen nicht in Betracht.
Nach seinem Wortlaut und seinem Schutzzweck setzt § 15 MarkenG ein Handeln des Verletzers „im geschäftlichen Verkehr” voraus (Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 15 Rz. 21). Ein solches Handeln fehlt bei einer Vereins- oder Verbandstätigkeit mit ausschließlich ideeller Zielsetzung (BGH, GRUR 1976, 379 [380] – KSB; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 15 Rz. 21 und § 14 Rz. 36).
Der Antragsgegner hat hier mit seiner Information unter der in Rede stehenden Domain allein seine ideellen, auf den Umweltschutz gerichteten Ziele verfolgt. Begleitende auch geschäftliche Interessen – eigene oder geförderter Dritter – sind nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Soweit die kritische Information über die Antragstellerin deren Konkurrenten im Wettbewerb zugute kommen kann, wäre dies nur eine beiläufige Folge der ideellen Tätigkeit.
II. Auch eine Verletzung des Namensrechts der Antragstellerin nach § 12 BGB ist nicht gegeben.
1. Außerhalb des geschäftlichen Verkehrs kommt allerdings ein ergänzender Schutz von Unternehmenskennzeichen durch § 12 BGB in Betracht (Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 15 Rz. 21; Nach § 15 Rz. 7 m.w.N.).
2. Die Geschäftsbezeichnung der Antragstellerin ist auch hinreichend unterscheidungskräftig (für einen Mineralölhandel „E.” – im Deutschen eine Zahl, die keinen sachlich-gegenständlichen Bezug erkennen lässt und recht einprägsam ist) und prioritätsjünger als der Domain-Gebrauch des Antragsgegners.
3. Der Antragsgegner mag auch den Namen der Antragstellerin „gebraucht” haben.
a) Als Namensgebrauch i.S.d. § 12 BGB ist nicht jede Form der Verwendung eines fremden Namens anzusehen, sondern nur solche Namensanmaßungen, die geeignet sind, eine namensmäßige Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung hervorzurufen (BGH v. 8.2.1996 – I ZR 216/93, MDR 1996, 705 = GRUR 1996, 422 [423] – J.C. Winter; v. 23.9.1992 – I ZR 251/90, MDR 1993, 132 = GRUR 1993, 151 [153] – Universitätsemblem; Ingerl/Rohnke, MarkenG, Nach § 13 Rz. 14; Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 12 Rz. 20). Bei bloßen Namensnennungen, also der Verwendung des richtigen fremden Namens für den richtigen Namensträger scheidet ein Schutz durch § 12 BGB mangels Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung aus (Ingerl/Rohnke, MarkenG, Nach § 15 Rz. 17).
b) Die hier vorliegende Domain kann sich für den angesprochenen Informationsinteressenten schon als eine namensmäßige Bezeichnung d...