Leitsatz (amtlich)

Der Bürge kann sich auch nach geltendem Recht nicht auf Verjährung der Hauptschuld berufen, wenn der Mangel in unverjährter Zeit gerügt, die Bürgschaft aber erst in verjährter Zeit in Anspruch genommen wird.

Die Forderung aus der Gewährleistungsbürgschaft unterliegt grundsätzlich der Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt, wenn sich der Anspruch des Auftraggebers gegen den Unternehmer auf Nachbesserung in eine Geldschuld umgewandelt hat.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 05.12.2005; Aktenzeichen 104 O 111/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 5.12.2005 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 104 des LG Berlin - 104 O 111/05 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.6.2005 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

B. Auf das streitige Schuldverhältnis sind gem. Art. 229 § 5 EGBGB grundsätzlich die vor dem 1.1.2002 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anzuwenden. Soweit das geltende Recht gem. Art. 229 § 6 EGBGB anzuwenden ist, sind die Bestimmungen des BGB mit dem Zusatz "n.F." gekennzeichnet.

I. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist begründet. Das LG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aus dem Bürgschaftsvertrag mit der Beklagten vom 16.4.1998 in der Fassung nach der "Reduzierungserklärung" der Klägerin vom 27.11.2002 aus § 765 BGB zu.

1. Der Bürgschaftsfall ist eingetreten. Die Klägerin hat, nachdem sie der Hauptschuldnerin im Schreiben vom 2.3.2005 vergeblich eine Frist zur Mängelbeseitigung verbunden mit einer Ablehnungsandrohung gesetzt hatte, einen Schadenersatzanspruch aus §§ 634, 635 BGB wegen der mangelhaft ausgeführten Dehnungsfuge im unterirdischen Verbindungsgang des Sana-Krankenhauses in Bergen.

Soweit die Beklagte den Mangel und die Verantwortlichkeit der ... bzw. ihrer Rechtsvorgängerin ... mit Nichtwissen bestreiten will, ist ihr Einwand unerheblich. Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen B., das im selbständigen Beweisverfahren des LG Stralsund - ... - erstellt worden ist, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Undichtigkeiten im Bereich der Gebäudefuge auf eine mangelhafte Bauausführung zurückzuführen ist. Das Gutachten kann gem. § 411a ZPO im vorliegenden Verfahren als Beweismittel verwendet werden. Erhebliche Einwände, die gegen die Richtigkeit der vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen sprechen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen, zumal sich die Hauptschuldnerin schon ausweislich des über den Ortstermin vom 11.11.2002 angefertigten Gesprächsprotokolls mit der Beseitigung dieses Mangels durch Verpressung der markierten Wandbereiche und zur Beobachtung der Verpressung bis Mai 2003 einverstanden erklärt hatte. Abgelehnt hat die Hauptschuldnerin damals nur die Übernahme der Trocknungskosten, um die es vorliegend nicht geht.

2. Der Beklagten steht die Einrede der Verjährung der Hauptschuld aus § 768 BGB nicht zu.

a) Soweit die Beklagte den gesamten Sachvortrag der Klägerin mit Nichtwissen bestreiten will, ist vorab anzumerken, dass es ihre Sache ist, die Voraussetzungen der Verjährung der Gewährleistungsansprüche aus dem Bauvertrag schlüssig darzulegen. Die schlichte Behauptung, die Verjährungsfrist sei mit der Bauabnahme eingeleitet worden, ist aufgrund des von der Klägerin vorgelegten Abnahmeprotokolls vom 24.6.1997 widerlegt; denn darin haben die Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart, dass die Gewährleistungsfrist, die nach dem Bauvertrag fünf Jahre beträgt, erst dann zu laufen beginnt, wenn sämtliche Mängel - gemeint sind die in das Abnahmeprotokoll aufgenommenen Beanstandungen - beseitigt sind. Dazu gehört zwar nicht der streitige Mangel im Bereich der Gebäudefuge. Wann die protokollierten Mängel beseitigt worden sind, lässt sich aber bisher nicht feststellen. Dazu ist nichts vorgetragen worden.

b) Im Ergebnis kommt es darauf aber nicht an, weil jedenfalls der Anspruch auf Gewährleistung wegen der undichten Gebäudefuge nicht verjährt ist. Aufgrund der erstmaligen Mängelrüge vom 17.6.1999 hat sich die Rechtsvorgängerin der Hauptschuldnerin bereit erklärt, den Mangel zu beseitigen und die Beseitigung im Wege der Verpressung angezeigt. Das hat die Klägerin durch Vorlage des Schreibens vom 1.11.1999 unter Beweis gestellt. Für die Dauer der Mängelbeseitigung war die Verjährungsfrist daher gem. § 639 Abs. 2 BGB zumindest gehemmt.

Aufgrund der weiteren Mängelrügen vom 3.2.2000 und 22.10.2002 sowie der Fristsetzung im Schreiben der Klägerin vom 4.11.2002 ist es dann zu dem bereits erwähnten Ortstermin gekommen. Die dabei getroffene Vereinbarung über die erneute Verpressung und Beobachtung des Erfolgs wertet der Senat als Anerkenntnis, das gem. Art. 229 ...

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