Leitsatz (amtlich)

Macht der Kläger seinen gesamten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend und begehrt er eine "Leistungsdifferenz" zwischen der Summe mehrerer aufgezählter Einzelposten und einer vorprozessualen Zahlung des Versicherers auf bestimmte Einzelpositionen, ohne eine Reihenfolge der Geltendmachung zu bestimmen, so handelt es sich nicht - mangels Bestimmtheit des Klageantrags - um eine unzulässige Saldoklage.

Hält das Erstgericht das Vorbringen des Klägers über seine Verletzungen zur Begründung eines Antrags auf Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden nicht für ausreichend, um die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Beeinträchtigungen zu belegen, so hat es nach § 139 ZPO deutlich darauf hinzuweisen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 17.02.2005; Aktenzeichen 17 O 306/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 17.2.2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des LG Berlin - 17 O 306/04 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten bleibt.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers führt in der Sache zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung.

Hinsichtlich des Klageantrages zu 1) (Zahlung) hat das LG die Klage zu Unrecht als unzulässig angesehen (1.). Hinsichtlich der Abweisung des Feststellungsantrages beruht das Urteil auf einem Verfahrensfehler (2.).

1. Zu Unrecht hat das LG die Zulässigkeit des Klageantrags zu 1) (Zahlung) mit der Begründung verneint, der Klageantrag sei nicht hinreichend bestimmt, da der Kläger nicht angegeben habe, in welcher Reihenfolge die einzelnen Beträge, aus denen sich die Klageforderung zusammensetzt, vom Gericht geprüft werden sollen.

a) Das LG hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich die Frage der Bestimmtheit des Klageantrags bei einer aus mehreren Ansprüchen zusammengesetzten Forderung nur im Fall einer Teilklage stellt. Nur hier ist es erforderlich, dass der Kläger die Reihenfolge angibt, in der das Gericht diese Ansprüche prüfen soll um so Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit der materiellen Rechtskraft zu begegnen (BGH NJW 2000, 3718 [3719]; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 253 Rz. 15, m.w.N.).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Vielmehr macht der Kläger unter Berücksichtigung der vorprozessualen Zahlungen der Beklagten zu 2) den gesamten ihm nach seiner eigenen Darstellung aus dem Verkehrsunfall vom 4.11.2000 entstandenen Schaden geltend.

Dies ergibt sich sowohl aus der Darstellung auf den S. 3-5 der Klageschrift wie auch aus dem als Anlage K 9 überreichten Schreiben vom 1.3.2004. Danach berechnet sich der vom Kläger geltend gemachte Schaden wie folgt:

  • Schmerzensgeld 15.000 EUR
  • Haushaltshilfe 1.127,40 EUR
  • Gutachterkosten M. (2 Atteste) 151,47 EUR
  • Fahrtaufwand 540 EUR
  • Lederschuhe 102,26 EUR
  • Lederjacke 281,21 EUR
  • Jeans 33,23 EUR
  • Fotoapparat 255,65 EUR
  • Brille (Gleitsicht) 511,29 EUR
  • Fernglas 178,95 EUR
  • Einschleppkosten 177,93 EUR
  • Umbaukosten 71,58 EUR
  • An-/Ummeldekosten 51,13 EUR
  • Vertreterkosten Dr. S. 4.648,67 EUR

Summe gesamt 23.130,77 EUR

Hierauf hat die Beklagte zu 2) folgende Zahlungen erbracht:

Schmerzensgeld 5.000 EUR

Haushaltshilfe pauschal 600 EUR

Gutachterkosten 151,67 EUR

Fahrtaufwand 540 EUR

Kleidung, Brille, Fernglas 613,55 EUR

Einschleppkosten 177,93 EUR

Umbaukosten 71,58 EUR

An-/Ummeldekosten 51,13 EUR

Vertreterkosten Dr. S. 2.500 EUR

insgesamt 9.705,86 EUR

Zieht man von dem geltend gemachten Gesamtschaden von 23.130,77 EUR die unstreitigen Zahlungen der Beklagten zu 2) von 9.705,86 EUR ab, so verbleibt ein Betrag in Höhe der Klageforderung von 13.424,91 EUR.

Die im Fall einer aus mehreren Einzelforderungen zusammengesetzten Teilklage möglichen Rechtskraftprobleme können also im vorliegenden Fall nicht entstehen.

b) Ferner ist zu bedenken, dass die vom LG zierte Rechtsprechung zur Frage der Substantiierungspflicht des Klägers bei einem aus mehreren Einzelpositionen zusammengesetzten Anspruch nur dann eingreift, wenn sich die Klageforderung aus mehreren prozessual selbständigen Ansprüchen zusammensetzt, nicht aber wenn es sich um einen einheitlichen Schaden mit unselbständigen Rechnungsposten handelt (BGH NJW 2000, 3718 [3719]; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 253 Rz. 15).

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Sachschaden der Sache nach um einen einheitlichen Schaden mit unselbständigen Rechnungsposten.

Prozessual selbständig ist lediglich der Schmerzensgeldanspruch. Insoweit ergibt sich jedoch sowohl aus der Klageschrift als auch aus der Anlage K 11, dass der Schmerzensgeldanspruch noch i.H.v. 10.000 EUR geltend gemacht wird und die restliche Klageforderung den Sachschaden betrifft. Die Verrechnung der von der Beklagten zu 2) erbrachten Zahlungen auf den vom Kläger behaupteten Schaden ergibt sich im Übrigen auch aus dem als Anlage zur Klageschrift K 14 überreichten Schreiben der Beklagten zu 2) vom 26.5.2004.

2. Dem LG kann auch ni...

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