Leitsatz (amtlich)
1. Ist auf ein vorläufig vollstreckbares Zahlungsurteil geleistet worden, setzt der Rückforderungsanspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO keinen vom Gläubiger ausgehenden besonderen "Vollstreckungsdruck" voraus. Dieser folgt - nach Amtszustellung des Urteils - bereits aus der Möglichkeit einer Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO, die keiner Ankündigung des Gläubigers bedarf.
2. Der Anspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO stellt keine Entgeltforderung i.S. von § 288 Abs. 2 BGB dar.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 10.02.2016; Aktenzeichen 29 O 495/14- a) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten zu 1 wird das Schlussurteil des Landgerichts Berlin vom 10.02.2016 -29 O 495/14- abgeändert:
Die gegen den Beklagten zu 1 gerichtete Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1 der Klägerin
für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum Erlass des Teilversäumnisurteils
gegen die Beklagte zu 2 (am 18.02.2015) keinen Mietzins/Nutzungsersatz für die
im Teilversäumnisurteil genannten Räumlichkeiten schuldet.
Die Klägerin wird auf die Widerklage verurteilt, an den Beklagten zu 1
2.297,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 08.03.2016 zu zahlen. Wegen des weitergehenden
Zinsanspruchs wird die Widerklage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Für die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz gilt:
Die Gerichtskosten haben die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 2 zu 1/3 zu tragen. Die Beklagte zu 2 trägt vorab die Kosten ihrer Säumnis. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. Die Beklagte zu 2 trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1/3. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin, eine dänische Gesellschaft, hat mit Vertrag vom 17.07.2013 (K 2) - handelnd durch eine Hausverwaltung - Räume im Objekt ... in ... Berlin zur Nutzung als Immobilienmakler-Büro vermietet. Der Vertrag ist vom Beklagten zu 1 unterzeichnet. Im Rubrum heißt es: "I... Immobilien, vertreten durch Hr. ... R...". Die Klägerin meint, der Beklagte zu 1, und nicht die Beklagte zu 2, sei ihr Mieter. Sie hat ihn erstinstanzlich auf Mietzahlung und den Beklagten zu 1 gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 2 (I... Immobilien ... UG) als "aktuelle Nutzerin" der Räume auf Räumung und Herausgabe verklagt. Gegen die Beklagte zu 2 ist im schriftlichen Vorverfahren am 18.02.2015 ein - rechtskräftig gewordenes - Versäumnisurteil ergangen. Die Mieträume wurden sodann geräumt zurückgegeben.
Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 10.02.2016 den Beklagten zu 1 zur Zahlung von 2.191,14 EUR (Mietrückstände für Juli bis Dezember 2014 von zusammen 2.947,00 EUR + Nebenkosten für 2013 von 133,11 EUR = 3.080,11 EUR abzgl. verrechnete Kaution von 888,97 EUR) verurteilt und entschieden, dass die Beklagten nach übereinstimmender Erledigungserklärung gemäß § 91 a ZPO die Kosten der Räumungsklage als Gesamtschuldner zu tragen haben. Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird Bezug genommen, mit der Maßgabe, dass die Frage der Mieterstellung des Beklagten zu 1 oder der (existenten) Beklagten zu 2 streitig ist und daher nicht als unstreitig festzustellen ist, dass der Beklagte zu 1 den Mietvertrag "handelnd unter der Bezeichnung I... Immobilien" schloss.
Hiergegen wendet sich der Beklagte zu 1 mit seiner Berufung, zu deren Begründung er vorträgt:
Die Klage sei unzulässig. Die Klägerin habe sich trotz gerichtlicher Verfügungen geweigert, ihre ladungsfähige Anschrift anzugeben und insbesondere nur eine "c./o."-Adresse angegeben.
Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin bei Klageerhebung als juristische Person nicht mehr existiert habe. Aufgrund Vollbeendigung fehle ihr daher die Partei- und Prozessfähigkeit.
Der Räumungsklage habe auch das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt.
Bei zutreffender Auslegung, insbesondere unter Beachtung der Grundsätze über unternehmensbezogene Geschäfte, sei nicht der Beklagte zu 1, sondern die Beklagte zu 2 Mieter geworden.
Die mit Schriftsatz vom 27.04.2015 erhobene Hilfswiderklage (für den Fall, dass das Gericht den Zahlungsantrag als zulässig, aber unbegründet ansehe) auf Feststellung, dass der Beklagte zu 1 der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum Erlass des Teilversäumnisurteils gegen die Beklagte zu 2 auf Räumung (vom 18.02.2015) keinen Mietzins/Nutzungsersatz schulde, sei zulässig und begründet.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 18.05.2016 Bezug genommen.
Das Landgerichtsurteil ist dem Beklagtenvertreter von Amts wegen am 19.02.2016 zugestellt worden. Die vollstreckbare Ausfertigung ist der Klägerin am 23.02.2016 erteilt worden. Die Anfrage des Beklagten vom 25.02.2016, ob zugesichert werden könne, bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens, ggf. bis auf Widerruf, von einer Vollstreckung abzusehen, wurde von der Klägerin am ...