Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Grundsätzen der Haftung der Bank ggü. dem Kunden aus Beratung beim Erwerb von Fonds-Anteilen "Grundbesitz - Invest"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Lehnt der Kunde Angaben zu seiner Vermögenssituation im Zeitpunkt vor dem Erwerb ab, scheidet eine Haftung der Bank wegen pflichtwidrigen Unterlassens sachgerechter Beratung aus, da sich nicht feststellen lässt, wie die Bank richtigerweise auf die - vom Kunden nicht erteilte - Information hätte reagieren müssen und weil der Kunde durch mangelnde Kooperationsbereitschaft einer anlegergerechten Beratung Grenzen gesetzt hat.

2. Hat der Kunde den Fondsprospekt, in welchem auf das Fremdwährungsrisiko ausdrücklich hingewiesen wird, vor dem Kauf erhalten, kann er sich nicht darauf zurückziehen, er sei von der Bank nicht gewarnt worden.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 07.01.2003; Aktenzeichen 21 O 441/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 7.1.2003 verkündete Urteil des LG Berlin - 21 O 441/02 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages nebst eines 10 %igen Zuschlages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

 

Gründe

A. Der Kläger begehrt von der beklagten Bank Rückabwicklung des Erwerbs von Fondsanteilen mit der Begründung, er sei vor dem Kauf durch die Mitarbeiterin der Beklagten unzutreffend und unzureichend beraten worden.

Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme (Vernehmung der Zeugin F.) abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Urteilstext verwiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine ursprüngliche Forderung weiter. Er rügt insb., das LG habe die Reichweite von Hinweis- und Belehrungspflichten der Beklagten verkannt. Diese hätte nicht nur sein Anlegerprofil stärker aufklären, sondern ihn auch auf besondere Risiken des in Aussicht genommenen Immobilienfonds aufmerksam machen müssen (Fremdwährungsrisiko, Rücknahmerisiko). Außerdem sei die Einordnung des Immobilienfonds "Grundbesitz-Invest" in die "Risikoklasse 1" falsch gewesen.

Der Kläger beantragt, das am 7.1.2003 verkündete Urteil des LG Berlin - 21 O 441/02 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

a) ihm auf einem Depot in ihrem oder einem anderen Hause 1.386 Anteile am Fonds "Rendite 2004 Anteile SL 12.04" mit der Wertpapierkennnummer 988599 Zug um Zug gegen Rückgabe von 1.778 "Grundbesitz-Invest-Anteilen" mit der Wertpapierkennnummer 980700 als Inhaber zu übertragen und darüber hinaus 58,52 Euro nebst Zinsen i.H.v. 3,5 % seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen;

b) an ihn 26.190,10 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 3,5 % seit dem 23.8.2001 Zug um Zug gegen Rücknahme von 590 "Grundbesitz-Invest-Anteilen" (WKN 980700) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

B. Die Berufung ist erfolglos. Im Ergebnis zu Recht hat das LG die Klage abgewiesen, denn das Klägervorbringen rechtfertigt nicht sein Verlangen nach einer Rückabwicklung der Verträge vom 15.8.2001 (Veräußerung von 1.386 Fondsanteilen "Rendite 2004 Anteile SL 12.04", Anlage des Erlöses in 1.778 Anteilen am Fonds "Grundbesitz Invest") sowie vom 23.8.2001 (Kauf weiterer 590 Anteile des Fonds "Grundbesitz Invest"). Er kann dies weder nach den Grundsätzen der pVV noch nach §§ 832 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 31, 32 WphG verlangen. Die zur Berufungsbegründung vorgetragenen Argumente geben keinen Anlass, anders als das LG zu entscheiden.

I. Der Beklagten ist keine haftungsbegründende schuldhafte Vertragsverletzung des unstreitig zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrages vorzuwerfen.

1. Die Haftung der Bank für Kundenberatung beim Fondserwerb richtet sich nach folgenden Grundsätzen:

a) Beratungs- und Informationspflichten der Bank ergeben sich in erster Linie nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) aus dem Beratungsvertrag. Hiernach ist die Bank gehalten, bei ihren Hinweisen und Ratschlägen die persönliche und wirtschaftliche Situation des Kunden zu ermitteln und zu berücksichtigen (z.B. Anlageziel, Wissensstand, Risikobereitschaft und einschlägige Erfahrungen, sog. anlegergerechte Beratung). Ferner muss sie den Kunden objektbezogen beraten, ihn also zutreffend über die allgemeine Risiken (z.B. die Wirtschaftslage) und besondere Risiken des individuelles Anlageobjektes (z.B. Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) informieren (vgl. die Grundsätze in BGH v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126 = MDR 1993, 861; v. 9.5.2000 - XI ZR 159/99, MDR 2000, 1021 = WM 2000, 1441; auch Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., 2004, § 280 Rz. 48 ff.).

Der Inhalt dieser unmittelbaren Vertragspflichten wird durch die in §§ 31, 32 WphG normierten Pflichten der Bank mit geprägt. Zwar sind die Verhaltensregelungen über die Interessenwahrungspflicht überwiegend aufsichtsrechtlicher Natur, strahlen aber auf die privatrechtlichen Vertragsbeziehungen der Kreditinstitute zu ihren Kunden aus und ko...

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