Leitsatz (amtlich)
Eine freiwillige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 2 BRAGO ist ausgeschlossen, wenn der Rechtsanwalt die Zahlung als Vorschuss verlangt und seine Tätigkeit von der Zahlung abhängig macht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Mandanten ein Anwaltswechsel zu diesem Zeitpunkt nicht zuzumuten ist. Ob der Mandant für den Ausschluss der Rückforderung nach § 3 Abs. 1 S. 2 BRAGO bei der Leistung Kenntnis von der Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung haben muss. Wie dies der Gesetzgeber angenommen hat, kann offen bleiben.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 13.10.2003; Aktenzeichen 30 O 221/03) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 13.10.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 30 des LG Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das LG hat den Beklagten zu Recht zur Rückzahlung der 12.000 Euro verurteilt.
1. Der Kläger kann von dem Beklagten die Zahlung von 12.000 Euro nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen. Denn diesen Betrag hat der Beklagte aufgrund der Leistungen des Klägers und zwar den Barzahlungen am 9.4. und 13.5.2002 erlangt. Die Leistung des Klägers erfolgte auch ohne Rechtsgrund. Dem steht nicht entgegen, dass zwischen den Parteien unstreitig ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter zumindest über die anwaltliche Vertretung in dem Steuerstrafverfahren abgeschlossen worden ist. Denn nach den vom LG festgestellten und das Berufungsgericht bindenden Tatsachen ergibt sich aus diesem Vertragsverhältnis kein rechtlicher Grund für ein auch nur teilweises Verbleiben der 12.000 Euro beim Beklagten.
a) Ein rechtlicher Grund ergibt sich nicht aus der am 4.4.2002 geschlossenen Honorarvereinbarung. Denn diese ist, wie das LG zu Recht angenommen hat, wegen eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 S. 1 BRAGO unwirksam, weil der verwandte Vordruck zugleich eine Gerichtsstandsvereinbarung enthält (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.10.1997 - 24 U 171/96, OLGReport Düsseldorf 1998, 63 = MDR 1998, 498 = NJW-RR 1998, 855). Davon gehen auch die Parteien in der Berufung aus.
Die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung entfällt nicht wegen einer Bestätigung nach § 141 BGB durch das Schreiben des Klägers vom 10.12.2002. Ist die Honorarvereinbarung unwirksam, kommt eine Bestätigung nur durch rechtsgeschäftliche Erklärungen auf Neuabschluss einer Honorarvereinbarung in Betracht. Eine Bestätigung der am 4.4.2002 getroffenen Honorarabrede stellt das Schreiben vom 10.12.2002 nicht dar, weil der Kläger die Verpflichtung zur Zahlung der Honorarsumme gerade nicht übernimmt, sondern gerade die Höhe angesichts der erbrachten Leistungen bemängelt. Dann aber ist auch für einen außenstehenden Dritten der rechtsgeschäftliche Wille zur Bindung an die ursprüngliche Vereinbarung nicht zu erkennen. Darüber hinaus fehlt es an einem Vortrag zu Zweifeln an der Wirksamkeit der ursprünglichen Vereinbarung.
Die Berufung auf den Formmangel der Honorarvereinbarung ist auch nicht treuwidrig. Die Treuwidrigkeit ergibt sich insb. nicht aus der Tatsache, dass der Kläger das Mandatsverhältnis im Übrigen für wirksam erachtet hat und es dann mit Schreiben vom 10.1.2003 kündigen ließ. Denn dieses Verhalten entsprach der Rechtslage. Die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung betrifft nur den Vergütungsanspruch des Beklagten, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 S. 1 BRAGO ergibt (vgl. auch BGH, Urt. v. 26.10.1955 - VI ZR 145/54, BGHZ 18, 340 [348] = NJW 1955, 1921; Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 3 Rz. 6; Gebauer/Schneider, BRAGO, 2003, § 3 Rz. 70). Dass der Kläger jedenfalls in diesem Moment anderweitig anwaltlich beraten war, ohne dass er sich auf die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung berufen hat, ist insoweit unerheblich. Denn daraus lässt sich ein Vertrauenstatbestand auf Seiten des Beklagten noch nicht herleiten. Auch im Übrigen sind Anhaltspunkte für ein treuwidriges Verhalten des Klägers ggü. dem Beklagten nicht erkennbar. Weder hat dieser ein schutzwürdiges Vertrauen auf seiner Seite noch eine schwere Treupflichtverletzung auf der Seite des Klägers geltend gemacht.
b) Der Beklagte kann die 12.000 Euro auch nicht deshalb behalten, weil die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 S. 2 BRAGO vorgelegen hätten. Denn die Leistungen erfolgten nicht freiwillig im Sinne der Vorschrift. Eine Leistung ist allenfalls dann freiwillig, wenn der Leistende zumindest Kenntnis davon hat, dass er mehr als die gesetzlichen Gebühren leistet (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 44/00, MDR 2003, 357 = BGHReport 2003, 337 = CR 2003, 424 = NJW 2003, 819 [821]; OLG Frankfurt, Urt. v. 5.11.1998 - 6 U 130/98, OLGReport Frankfurt 1999, 29 = CR 1999, 233 = AnwBl 1998, 661; OLG Köln, Urt. v. 10.2.1993 - 27 U 188/92, MDR 1993, 733 = OLGReport Köln 1993, 175 = VersR 1993, 887; LG Freiburg, Urt. v. 19.7.1983 - 9 S 100/83, MDR 1983, 1033). Weiter muss er die Leistung ohne Druck erbringen, wobei dieser Druck sich auch aus einem ...