Leitsatz (amtlich)

1. Der Gründungsgesellschafter, Initiator und Manager eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haftet dem Gesellschafter aus culpa in contrahendo für lückenhafte Prospektangaben, weil er insofern persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat, auf Rückzahlung der Einlagen und Freistellung von allen Verbindlichkeiten Zug um Zug gegen Übertragung der Gesellschaftsanteile.

2. Ein Prospektfehler liegt auch dann vor, wenn aus dem Prospekt nicht alle Sondervorteile, die dem Gründungsgesellschafter oder den von ihm beherrschten, an dem Fond beteiligten Gesellschaften zufließen, hinreichend deutlich hervorgehen.

3. Bei der Berechnung des dem Gesellschafter entstandenen Schadens sind die ihm aufgrund des Eintritts in die Gesellschaft zugeflossenen Steuervorteile in voller Höhe anzurechnen. Wenn der Gesellschafter demgegenüber erfolgreich geltend machen will, er hätte sonst alternativ eine andere ebenso steuergünstige Anlage gewählt, ist konkreter Sachvortrag hierzu erforderlich.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 26.04.2005; Aktenzeichen 19 O 353/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 19 des LG Berlin vom 26.4.2005 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Gesellschaftsanteile an der GbR mit der Bezeichnung "W.W. Grundstücksgesellschaft bR" von den mit der Beteiligung verbundenen Verbindlichkeiten freizustellen, insb. an die B.-H.H. AG, Berlin, 57.172,16 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 1.9.2006 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.831,38 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf 4.619,64 EUR seit dem 10.8.2004 sowie auf 3.211,74 EUR seit dem 2.3.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 40 % und der Beklagte 60 %. Von den Kosten zweiter Instanz tragen die Klägerin 34 % und der Beklagte 66 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 3.300 EUR abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 85.500 EUR abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die klagende Gesellschafterin eines geschlossenen Immobilienfonds begehrt von dem beklagten Gründungsgesellschafter Zahlung der geleisteten Eigenkapitalanteile und Nachschüsse sowie Freistellung von den aus den Gesellschaftsanteilen resultierenden zukünftigen Verbindlichkeiten Zug um Zug gegen Übertragung ihres Gesellschaftsanteils.

Der Beklagte ist Gründungsgesellschafter, Initiator und Manager des geschlossenen Immobilienfonds "W.W.". Es handelte sich dabei um den Neubau von drei Wohnhäusern mit insgesamt 35 Wohnungen und 70 Tiefgaragenstellplätzen in zwei Tiefgaragen als Ergänzung zu einem bereits vorhandenen Ensemble von Wohnhäusern auf dem Grundstück W.-G.-Str in B.-R. Wegen der Lage sowie der vorhandenen und der 1994 in Planung befindlichen Bebauung wird auf den Emmissionsprospekt (Anlage B 1 als Beistück zu den Akten) Bezug genommen.

An dem Grundstück, dessen Realteilung ausgeschlossen ist, ist von den Gründungsgesellschaftern der W.W. GbR (im Folgenden GbR genannt) gegen eine Einmalzahlung des Verkehrswertes ein Erbbaurecht auf 99 Jahre erworben worden. Wegen der Prospektangaben zu dem Erbbaurecht wird auf Blatt 11 des Prospektes Bezug genommen. Gründungsgesellschafter waren der Beklagte, Herr C.P.K. und die Prospektherausgeberin, die Firma Ä.-T.V. GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter der Beklagte war.

Der Beklagte und die Firma Ä.-T.V. GmbH waren auch die Geschäftsführer der GbR und hatten das Projekt konzipiert. Die Geschäftsbesorgung, Baubetreuung und Projektsteuerung oblag der Firma I.C.Ba. und P. GmbH, deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte war. Die Finanzierungsvermittlung, Förderungsbearbeitung und Eigenkapitelbeschaffung erledigte die Firma I.C.B. und P. GmbH & Co. B. und F. KG, deren persönlich haftende Gesellschafterin die I.C.B. und P. GmbH und deren einziger Kommanditist der Beklagte war. Die I.C.B. und P. GmbH war als Verwalterin der Anlage vorgesehen, die Ä.-T.V. GmbH fungierte gleichzeitig als Grundbuchtreuhänderin. Auf Blatt 17 heißt es unten rechts nach der Darstellung der persönlichen Verflechtung des Beklagten mit den beteiligten Firmen und der Firmen untereinander:

Auf der S. 11 wurden die vorgesehenen Vertragspartner für dieses Objekt aufgeführt. Die ergänzenden Informationen auf dieser Seite sollen insb. wirtschaft...

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