Leitsatz (amtlich)
Der zur Zahlung von Schadenersatz wegen Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile für die Sozialversicherung verpflichtete ehemalige Geschäftsführer einer Beitragsschuldnerin ist nicht zur Zahlung von Säumniszuschlägen gem. § 24 Abs. 1 SGB IV verpflichtet.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 07.08.2006; Aktenzeichen 24 O 31/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Berlin vom 7.8.2006 (24. O. 31/06) teilweise abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 14.794,85 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 16.12.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Kosten erster Instanz haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen. Von den Kosten zweiter Instanz haben die Klägerin 19 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 81 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision der Klägerin wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten als ehemalige Geschäftsführer der O.S. GmbH, einer Beitragsschuldnerin der Klägerin, auf Schadenersatz wegen Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile für die Sozialversicherung in Anspruch. Nach den Beitragsnachweisen der Beitragsschuldnerin sind folgende Beträge nicht gezahlt worden:
Dezember 2002 7.351,35 EUR
Januar 2003 7.443,50 EUR
Februar 2003 6.975,37 EUR
März 2003 6.891,50 EUR
April 2003 6.941,10 EUR
Gesamt 35.602,82 EUR
Das LG hat der Klage bezüglich der Monate Februar bis April 2003 stattgegeben, mit Ausnahme der geltend gemachten Säumniszuschläge gem. § 24 Abs. 1 SGB IV, insoweit hat das LG nur Verzugszinsen zugesprochen. Bezüglich der Beiträge für die Monate Dezember 2002 sowie Januar 2003 hat das LG die Klage abgewiesen.
Der Klägerin ist das Urteil des LG vom 7.8.2006 am 15.9.2006 zugestellt worden. Mit ihrer am 2.10.2006 eingelegten und am 14.11.2006 begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter, soweit dieser abgewiesen worden ist.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Berlin vom 7.8.2006 zu Geschäftszeichen 24 O 31/06 abzuändern und wie folgt neu zu fassen:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 36.327,82 EUR zzgl. 1 % des ab dem 1.5.2003 am 16. eines jeden Folgemonats noch offenen auf volle 50 EUR nach unten abgerundeten Hauptforderungsbetrages i.H.v. 3.602,82 EUR zu zahlen, hilfsweise, die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 35.602,82 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten oberhalb des Basiszinssatzes gem. § 247 BGB seit dem 16.12.2005 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner auch Anspruch auf Schadenersatz gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs. 1 sowie § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB für die nicht gezahlten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung für die Monate Dezember 2002 sowie Januar 2003 i.H.v. 7.351,35 EUR sowie 7.443,50 EUR.
Insoweit liegen die Voraussetzungen der § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs. 1 sowie § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB ebenso vor, wie vom LG für die Monate Februar bis April 2003 festgestellt. Die Beklagten haben als Geschäftsführer der O.S. GmbH, mithin als deren vertretungsberechtigte Organe, der Klägerin als Einzugsstelle der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung die Beiträge für die Monate Dezember 2002 sowie Januar 2003 vorenthalten. Sie haben diese Beiträge bei Fälligkeit vorsätzlich nicht bezahlt. Die Höhe der Beiträge ergibt sich aus den von der Beitragsschuldnerin eingereichten Beitragsnachweisen. Auf die Ausführungen des LG im angefochtenen Urteil wird insoweit Bezug genommen werden.
Der Schadenersatzforderung der Klägerin steht eine Anfechtbarkeit durch den Insolvenzverwalter des am 1.8.2006 eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beitragsschuldnerin nicht entgegen. Richtig ist zwar, dass es an einem schadensursächlichen Versäumnis der Beklagten fehlt, wenn die bei Fälligkeit geleisteten Beitragszahlungen im späteren Insolvenzverfahren erfolgreich mit der Folge der Verpflichtung zur Rückgewähr der Leistung nach den Vorschriften der InsO angefochten worden wären (vgl. BGH NJW 2005, 2546; 2002, 1123; 2001, 967).
Insoweit sind jedoch keinerlei tatsächliche Feststellungen erfolgt, die diese Annahme rechtfertigen würden.
Das LG hat allein die Anfechtbarkeit der Zahlung der Beitragsschuldnerin vom 22.4.2003 untersucht. Insoweit stehen die Voraussetzungen für eine Anfechtbarkeit außer Streit. Allerdings kann von der Anfechtbarkeit der Zahlung...