Leitsatz (amtlich)
Sind beide unfallbeteiligten Fahrzeuge auf einem Parkplatzgelände in unmittelbarem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall rückwärts gefahren, ist der Schaden gem. § 17 StVG hälftig zu teilen.
Selbst wenn das Fahrzeug nahezu vollständig rückwärts aus der Parklücke herausgefahren war und im Unfallzeitpunkt stand, hat sich der Unfall noch in rechtlichem Zusammenhang mit der Rückwärtsfahrt ereignet.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 03.11.2008; Aktenzeichen 59 O 60/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3.11.2008 verkündete Urteil der Zivilkammer 59 des LG Berlin - 59 0 60/08 - abgeändert:
Die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Beklagten sind nicht verpflichtet, dem Kläger mehr als 50 % des Schadens zu ersetzen, den dieser bei dem Unfall am 13.7.2007 gegen 17:45 Uhr auf dem Parkplatzgelände Lagunenweg/Müggelspreeweg erlitten hat. Wegen der vorgerichtlichen Zahlung des geschuldeten Anteils von 50 % war die auf Zahlung des Restbetrages gerichtete Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Wie sich aus dem im zweiten Rechtszug eingeholten Gutachten ergibt, war der Kläger entgegen seiner Darstellung in der Klageschrift und entgegen der Aussage seiner als Zeugin gehörten Ehefrau mit seinem Jeep bereits fast ganz rückwärts aus der Parklücke herausgefahren, als es zur Kollision kam. Unabhängig von der Frage, ob das Fahrzeug des Klägers im Zeitpunkt der Kollision stand oder sich in Bewegung befand, hat sich der Unfall noch während des Ausparkvorgangs des Klägers ereignet, d.h. in unmittelbarem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Rückwärtsfahrt des Klägers aus der Parklücke heraus. Dies ergibt sich aus der von dem Sachverständigen rekonstruierten Unfallstellung der Fahrzeuge (Anlagen 3 und 4 zum Gutachten). Der Senat hält das Gutachten in vollem Umfang für überzeugend.
Einwendungen gegen das Gutachten hat der Kläger innerhalb der ihm mit Verfügung vom 19.7.2010 gesetzten Frist nicht erhoben. Gleichfalls hat er innerhalb dieser Frist keinen Antrag auf Ladung des Sachverständigen gestellt.
Im Übrigen vermögen die verspätet gegen das Gutachten erhobenen Einwendungen den Senat nicht zu überzeugen. Warum er einen spitzen Berührungswinkel angenommen hat, hat der Sachverständige auf den Seiten 7 ff. seines Gutachtens ausführlich dargelegt.
Da beide am Unfall beteiligten Fahrzeuge in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Unfall auf dem Parkplatzgelände rückwärts gefahren sind, führt die gem. § 17 StVG vorzunehmende Abwägung zur hälftigen Schadensteilung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO n.F.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2564059 |
DAR 2011, 23 |
ZfS 2011, 255 |
NJW-Spezial 2011, 74 |
ACE-VERKEHRSJURIST 2011, 22 |