Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrswertermittlung im Rahmen des begünstigten Verkaufs landwirtschaftlicher Flächen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bestimmung des Verkehrswertes einer landwirtschaftlichen Fläche kann auch für Verkaufsfälle vor Inkrafttreten der Neufassung des § 5 Satz 5 FlErwV am 11.7.2009 durch die Einholung eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen erfolgen, weil die Erweiterung der Ermittlungsmöglichkeiten eine Erleichterung für den Erwerber mit sich bringt (§ 7 Abs. 2 AusglLeistG).

2. Der Verkehrswert (Marktwert) ist ausgehend von § 194 BauGB durch Ermittlung des Preises zu bestimmen, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen gewesen wäre.

3. Maßstab ist nicht der höchstmögliche Preis, sondern der bei einem Verkauf im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach marktangemessenem Aushandeln eines offen - nicht notwendig durch offene Ausschreibung - angebotenen Objekts durchschnittlich erzielte Preis.

 

Normenkette

AusglLeistG § 3 Abs. 5, § 7 S. 1; FlErwV § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 27.10.2010; Aktenzeichen 37 O 396/08)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.10.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer 37 des LG Berlin - 37 O 396/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin als Käuferin landwirtschaftlicher Flächen - überwiegend als Berechtigte nach dem AusglLeistG - begehrt von der Beklagten als Verkäuferin i.H.v. 221.756,72 EUR die teilweise Rückzahlung des mit notariellem Kaufvertrag vom 25.6.2008 zwischen den Parteien in § 2 Nr. 3 hinsichtlich der innerhalb des AusglLeistG übertragenen Fläche von 121,3139 ha vereinbarten Kaufpreises. Hilfsweise begehrt sie die Feststellung, dass der Kaufpreis entsprechend verringert sei.

Die Klägerin stützt ihr Klagebegehren auf § 2 Nr. 6 des notariellen Kaufvertrages, der wie folgt lautet:

Nach Ansicht der Käuferin ergibt sich für sie nach den Vorgaben des AusglLeistG und der FlErwV ein Anspruch darauf, die vertragsgegenständlichen Flächen zu einem günstigeren als dem vereinbarten Kaufpreis erwerben zu können. Sie behält sich daher vor, gerichtlich die erfolgte Kaufpreisbildung und -höhe einer Prüfung zu unterziehen sowie einen Anspruch auf Anpassung des vereinbarten Kaufpreises geltend zu machen.

Die Verkäuferin erklärt, dass sie bei der Kaufpreisbildung nicht von niedrigeren Werten als den von ihr festgestellten und anhand anderer vergleichbarer Verkäufe in der Region abgeleiteten Vergleichswerten ausgehen durfte.

Andernfalls würde sie bei Vereinbarung eines niedrigeren Kaufpreises eine ggf. europarechtswidrige Beihilfe gewähren, zumindest aber einen höheren Preisnachlass, als den durch das AusglLeistG vorgegebenen 35%igen Abschlag vom Verkehrswert.

Die Vertragsparteien sind sich jedoch darüber einig, dass sie den Vertrag entsprechend einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ggf. anpassen werden. Die Einigkeit besteht jedoch auch darüber, dass der Vertrag mit dem vereinbarten Kaufpreis Bestand haben soll, sofern die Käuferin den sich vorbehaltenen Kaufpreisanpassungsanspruch nicht weiter verfolgt oder ggf. durch ein Gericht rechtskräftig festgestellt wird, dass ihr ein solcher nicht zusteht.

Wegen des Parteivorbringens erster Instanz, der dort durchgeführten Beweisaufnahme und gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat durch am 27.10.2009 verkündetes Urteil zum Hauptantrag der Klage i.H.v. 221.263,49 EUR stattgegeben und den Hauptantrag im Übrigen zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit ihrer rechtzeitigen Berufung führt die Beklagte im Wesentlichen erstinstanzlichen Vortrag wiederholend sinngemäß u.a. aus:

Für die Ermittlung des Verkehrswertes seien nur die Verkaufsfälle zu berücksichtigen, bei denen die Flächen offen auf dem Markt angeboten worden seien, weil der auf dem Markt erzielbare Preis ermittelt werden müsse. Mit dem Gutachten werde aber nicht der in einem offenen Verfahren am Markt erzielbare Preis ermittelt, sondern der Durchschnitt der Preise aller Verkäufe. Der Sachverständige habe nicht untersucht, ob die von ihm herangezogenen Vergleichsfälle zuvor offen am Markt angeboten worden seien, und sei in seiner Stellungnahme vom 7.9.2009 (S. 3) davon ausgegangen, dass die von ihm herangezogenen Vergleichsfälle außerhalb eines bedingungsfreien Bietverfahrens mit hinreichender Pub...

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