Leitsatz (amtlich)

1. Zu den wirksamen Voraussetzungen eines in einer Haustürsituation geschlossenen Darlehensvertrages und einer im Zusammenhang mit der persönlichen Schuldübernahme und Zwangsvollstreckungsunterwerfung vereinbarten Sicherungsabrede.

2. Die Bestimmung des § 1 HWiG ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass ein Widerrufsrecht des Verbrauchers begründet ist, sofern er zur Abgabe einer Willenserklärung in einer Haustürsituation bestimmt worden ist. Einer Zurechnung der Haustürsituation an den Erklärungsempfänger über § 123 Abs. 2 BGB bedarf es nicht.

3. Die Bestellung eines Realkredites steht der Anwendung von § 9 VerbrKG nicht entgegen.

4. Gemäß § 358 Abs. 2 Nr. 1 Abs. 2 und 3 rechtfertigt bei finanzierten Immobilienkäufen allein der gemeinsame Vertrieb durch Bank und Verkäufer nicht die Annahme eines verbundenen Geschäfts. Dies gilt erst recht für die frühere Rechtslage gem. § 9 VerbrKG.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 30.10.2003; Aktenzeichen 14 O 634/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird, unter Änderung des am 30.10.2003 Urteils des LG Berlin - 14 O 634/02 die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars Dr. jur. W.M., ... vom 29.6.1996 UR-Nr. ... für unzulässig erklärt, soweit sie aus Ziff. V dieser Urkunde wegen der in Höhe der Grund schuld übernommenen persönlichen Haftung der Kläger betrieben wird.

Auf die hilfsweise Widerklage werden die Kläger verurteilt, an die Beklagte 121.728,37 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5.3.2003 zu zahlen.

Die Kosten beider Instanzen tragen die Parteien je zur Hälfte, die Kläger insoweit als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit der Klage begehren die Kläger die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars Dr. jur. W.M., O., vom 29.6.1996, UR-Nr. ..., für unzulässig zu erklären. Zu Ziff. V dieser Urkunde hatten die Kläger, vertreten durch einen Bevollmächtigten, "für die Zahlung des Grundschuldbetrages samt Zinsen und Nebenleistungen" die persönliche Haftung übernommen und sich ggü. der Beklagten als "der Gläubigerin" wegen dieser persönlichen Haftung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen.

Dem vorausgehend hatten die Kläger zur UR-Nr. ... des Notars B.B. am 29.4.1996 der C.-B.-Gesellschaft für Haus- und Grundbesitz mbH den Abschluss eines Kaufvertrages über eine in H. gelegene Eigentumswohnung für einen Preis von 210.851 DM angeboten. Die notarielle Annahmeerklärung des Angebotes erfolgte durch die C.-B.-GmbH am 8.5.1996.

Die Aufwendungen für den Kaufpreis zzgl. weiterer Kaufnebenkosten über insgesamt 248.000 DM wurden durch ein tilgungsfreies Vorausdarlehen der B. Bank D., verbunden mit zwei Bausparverträgen der Beklagten über je 50 % des Vorausdarlehens, finanziert. Bestandteil des Darlehensvertrages ist die sog. "Schuldurkunde", deren Ziff. 11b lautet:

"Die Grundschuld dient der Sicherung aller gegenwärtigen und künftigen Forderungen der Gläubigerin gegen den Darlehensnehmer aus jedem Rechtsgrund, auch soweit sie nur gegen einen Darlehensnehmer begründet sind."

Eine Widerrufsbelehrung enthält der Darlehensvertrag nicht. Vermittelt wurden sowohl der Darlehensvertrag als auch Kaufvertrag von der H. & B. GmbH D., die sich ihrerseits einer Vielzahl von Untervermittlern bediente. Die H. & B. GmbH übernahm hier wie in einer Vielzahl weiterer Projekte für die Beklagte sämtliche Vertragsverhandlungen von der Einholung der Selbstauskünfte bis zum Ausfüllen der Formulare der Beklagten.

Zur dinglichen Absicherung bestellten die Kläger, vertreten durch einen Vertreter der Verkäuferin, mit der oben bereits erwähnten notariellen Urkunde UR-Nr. ... des Notars Dr. jur. W. M. zu Gunsten der Beklagten eine Grundschuld ohne Brief an dem erworbenen Wohnungseigentum, eingetragen beim AG Hannover, Wohnungsgrundbuch von A. Bl. 5.. i.H.v. 248.000 DM.

Mit Schreiben vom 8.8.2002 erklärten die Kläger durch Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten ggü. der Beklagten den Widerruf des Darlehensvertrages. Mit Schreiben vom 29.8.2002 begehrten die Kläger im Hinblick auf den erklärten Widerruf die Befreiung von der persönlichen Haftungsübernahme.

Die Vorausdarlehensgeberin S. AG (vormals B. Bank AG) hat zwischenzeitlich den vertraglichen Darlehensrückzahlungsanspruch ebenso wie etwaige Rückabwicklungsansprüche, die nach dem HWiG ggü. den Klägern bestehen könnten, an die Beklagte abgetreten.

Die Kläger meinen, der Widerruf sei nach dem HWiG berechtigt. Sie behaupten, sie seien in einer Haustürsituation geworben worden. Diese sei ursächlich für die späteren Vertragsabschlüsse gewesen. Der Vermittler A. D. habe den Beklagten zu 2) im April 1996 an seinem Arbeitsplatz angesprochen und erklärt, die Wohnung finanziere sich ...

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