Entscheidungsstichwort (Thema)
Ärzte im Notdienst niedergelassener Ärzte
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 04.09.2001; Aktenzeichen 7 O 489/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 7 des LG Berlin vom 4.9.2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert der Beschwer wird auf 7.409,77 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, weil das LG ihn mit Recht gem. § 812 BGB zur Rückzahlung der Versicherungsleistungen verurteilt hat. Diese hatte er von der Beklagten ohne Rechtsgrund empfangen, weil sowohl der Arzt V. als auch Frau Dr. O. – nach dem Sprachgebrauch des ärztlichen Berufsrechts (BGH VersR 1978, 267 [268]; OLG Düsseldorf v. 9.2.1993 – 4 U 7/92, VersR 1994, 207; OLG Karlsruhe v. 1.4.1993 – 12 U 233/92, VersR 1994, 1459; OLG Hamm v. 24.6.1992 – 20 U 90/92, VersR 1993, 427; OLG München v. 6.2.1992 – 6 U 5645/91, OLGReport München 1992, 11 = MDR 1993, 40 = VersR 1993, 428 [429]) und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines Durchschnittskunden (OLG München v. 21.2.1989 – 24 U 478/89, MDR 1990, 446 = VersR 1990, 614; OLG Köln r + s 1991, 31 [32]) – keine niedergelassenen Ärzte – also solche mit eigener Praxis – i.S.d. § 4 Nr. 2 S. 1 MBKK 94 waren und solchen auch nicht gleichgestellt werden können; denn sie haben nicht als bestimmte Personen ihre ärztlichen Leistungen der Öffentlichkeit angeboten, vielmehr war Anbieter allein der ärztliche Notdienst, in dessen Rahmen die beiden Ärzte – für die Öffentlichkeit zufällig – gerade tätig wurden. Anders wäre es, wenn das Krankenhaus durch die beiden Ärzte eine der Öffentlichkeit angebotene ambulante Behandlung vorgenommen hätte; für einen solchen – hier nicht vorliegenden – Fall wird die Ansicht vertreten, dass der Versicherer leistungspflichtig sei (Prölss in Prölss/Martin, VVG, MBKK 94, 26. Aufl., § 4 Rz. 9).
Entgegen der in der Berufungsbegründung geäußerten Auffassung ist die Klausel des § 4 Nr. 2 S. 1 MBKK 94 nicht gem. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG a.F. unwirksam, weil tatsächlich ein sachlicher Grund für die Einschränkung der Leistungspflicht besteht. Der von der Klausel verfolgte Zweck liegt entgegen der Auffassung des Klägers nicht allein darin, dass sichergestellt werden soll, dass ein niedergelassener Arzt den Versicherungsnehmer nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst behandelt, sondern es wird auch unterstellt, dass kraft Berufsrechts ein niedergelassener Arzt die hohe Gewähr dafür bietet, dass nur notwendige Heilbehandlungen vorgenommen werden (Prölss, VVG, MBKK 94, 26. Aufl., § 4 Rz. 8 m.N.). Während der Versicherungsnehmer in der Praxis eines solchen Arztes nur einer unter anderen Patienten ist, denen der Arzt mit gleichartig objektivierter Einstellung gegenübertritt, kann bei einem nicht niedergelassenen Arzt die Gefahr nicht ausgeschlossen werden, dass auch medizinisch nicht notwendige Behandlungen vorgenommen werden. Im Hinblick auf diesen sachlichen Grund wird das Niederlassungserfordernis in der vorbezeichneten Klausel von der h.M. für unbedenklich gehalten (Prölss, VVG, MBKK 94, 26. Aufl., § 4 Rz. 12, m.N.; Schoenfeldt/Kalis in Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl., § 4 MBKK Rz. 26; a.A. Dreher, VersR 1995, 245 [250, 251]). Durch diese Klausel soll der Versicherer einer Einzelfallprüfung der medizinisch notwendigen Behandlung gerade enthoben sein (BGH VersR 1978, 267 [268]; Prölss, VVG, MBKK 94, 26. Aufl., § 4 Rz. 9).
Einen Notfall in Form eines Akutfalls, der die Behandlung durch die beiden Ärzte unumgänglich gemacht hätte, hat der Kläger nicht vorgetragen. Er schildert lediglich, die Behandlungen durch die in Rede stehenden Ärzte hätten an Wochentagen oder zu Tageszeiten stattgefunden, an denen Arztpraxen gewöhnlich geschlossen gewesen seien. Er sagt aber nicht, dass er nicht ebenso die Öffnungszeiten hätte abwarten können.
Das Rückforderungsverlangen höhlt entgegen seiner Auffassung auch nicht die Krankheitskostenversicherung aus. Da das Merkmal der „Niederlassung” eines Arztes in Anlehnung an das ärztliche Berufsrecht und an den allgemeinverständlichen Sprachgebrauch als „Arztpraxis” zu lesen ist, besteht für den Versicherungsnehmer kein Anlass zu Zweifeln, welche Art von Ärzten für eine Leistungspflicht des Versicherers in Betracht kommt. Er trägt daher kein unzumutbares Risiko, von der Leistungspflicht ausgeschlossen zu sein, und braucht bei Einhaltung der Klausel nicht in Sorge zu leben, Arztkosten nicht erstattet zu bekommen oder zurückzahlen zu müssen. Im Übrigen gibt es so viele niedergelassene Ärzte, zwischen denen der Versicherungsnehmer wählen kann, dass es ihm zuzumuten ist, sich im Fall einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung auf niedergelassene Ärzte zu beschränken, die ihre Leistungen der Allgemeinheit anbieten (OLG München v. 21.12.1989 – 24 U 478/89, MDR 1990, 446 = VersR 1990, 614). Die Frage, ob ein Versicherungsnehmer, der s...