Entscheidungsstichwort (Thema)
nachträgliche Änderung der schriftlich vereinbarten Miete
Leitsatz (amtlich)
Auch ein schriftlich abgeschlossener Mietvertrag, der widersprüchliche Regelungen enthält, wahrt die Schriftform des § 126 BGB.
Haben die Parteien im schriftlichen Mietvertrag mit fester Laufzeit von 10 Jahren eine Vereinbarung dahin getroffen, dass nach Ablauf eines Jahres über die angemessene Anhebung des Mietzinses jeweils Einvernehmen zu erzielen ist, und ist der Mieter dann jeweils den Bitten des Vermieters nachgekommen, monatlich eine um zwischen 1,5 % und 5 % erhöhte Miete zu zahlen, so führt die dadurch getroffene Vereinbarung nicht dazu, dass der Mietvertrag nicht mehr die Schriftform des § 550 BGB n.F. (§ 566 BGB a.F.) wahrt.
Nicht jede nachträgliche, zeitlich nicht beschränkte Änderung der schriftlich vereinbarten Miethöhe ist "wesentlich" mit der Folge, dass die Schriftform des § 550 S. 1 BGB n.F. in jedem Fall nicht mehr gewahrt ist.
§ 550 BGB n.F. dient vorrangig dem Schutz des in ein bestehendes Mietverhältnis eintretenden Grundstückserwerbers.
Normenkette
BGB § 550
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.1.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des LG Berlin - 34 O 476/02 - abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 37.281,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf jeweils 2.485,42 EUR seit dem 5.10.2002, 5.11.2002, 5.12.2002, 6.1.2003, 5.2.2003, 5.3.2003, 4.4.2003, 6.5.2003, 5.6.2003, 4.7.2003, 5.8.2003, 4.9.2003, 6.10.2003, 5.11.2003 und 4.12.2003 zu zahlen.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Mit dem der Klageschrift in Kopie beigefügten Mietvertrag vom 6.12.1993 mieteten die Beklagten von der Klägerin Gewerberäume und Freiflächen in B.-R. zum Betrieb einer Kfz-Werkstatt. Das Mietverhältnis sollte am 15.12.1993 beginnen und nicht vor dem 31.12.2003 enden. In § 21 Abs. 4 des Mietvertrages vereinbarten die Parteien, dass nachträgliche Änderungen und Ergänzungen des Vertrages nur bei schriftlicher Vereinbarung gelten. § 37 des Mietvertrages lautet:
"Nach Ablauf eines Mietjahres (erstmalig zum 1.1.1995) ist für das folgende Jahr über eine angemessene Anhebung des Mietzinses zwischen den Mietparteien jeweils Einvernehmen zu erzielen. Die Parteien gehen gegenwärtig von einer jährlichen ca. 5 %-igen Mietsteigerung aus. Sollten sich die Parteien über die exakte Mietsteigerung nicht einigen können, so soll die angemessene Mietsteigerung unter Berücksichtigung der Steigerung der Lebenshaltungskosten sowie des Gewerbemietenindexes durch einen von der IHK zu benennenden Sachverständigen festgesetzt werden ..."
Die Klägerin forderte von den Beklagten jährlich eine erhöhte Miete (Erhöhung ab Januar 1995, 1996 und 1997 um jeweils 5 %, ab Januar 1998 um 1-5 %, ab Januar 2000 um 1-4 % und ab Januar 2001 um 2 %), die von den Beklagten auch jeweils gezahlt wurde.
Mit Anwaltsschreiben vom 26.3.2002 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis "wegen Nichteinhaltung der Schriftform gem. § 550 BGB zum 30.9.2002". Dieser Kündigung widersprach die Klägerin.
Die hat Klägerin gemeint, bei den Mieterhöhungen handele es sich um unwesentliche Vertragsänderungen, die nicht der Schriftform bedürften. Von einer wesentlichen Änderung, die eine schriftliche Fixierung erforderlich mache, könne erst bei einer Mieterhöhung ab etwa 20 % gesprochen werden. Abzustellen sei nicht auf die Gesamtsteigerung des Mietzinses i.H.v. etwas unter 24 %. Vielmehr sei bei jeder einzelnen Vertragsänderung gesondert zu prüfen, ob diese wesentlich sei und eine schriftliche Fixierung erforderlich mache.
Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass das Mietverhältnis betreffend die Kfz-Werkstatt im Hause R.-straße, B., gem. Mietvertrag vom 6.12.1993 aufgrund der Kündigung vom 26.3.2002 nicht am 30.9.2002 endete, sondern bis 31.12.2003 weiter besteht.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, der Mietvertrag wahre nicht mehr die Schriftform.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, § 550 BGB gelte ausnahmslos für jede nachträgliche Vereinbarung zur Miethöhe. § 550 BGB gelte auch für alle nachträglichen Änderungen eines in schriftlicher Form abgeschlossenen Mietvertrages, sofern die Änderung nicht unwesentliche Nebenabreden betreffe. Die Miethöhe gehöre aber zusammen mit den Mietparteien, dem Mietobjekt und der Mietzeit zu den wesentlichen Elementen eines Mietvertrages.
Dass sich die Mietforderungen der Klägerin in dem durch § 37 des Mietvertrages vorgezeichneten Rahmen bewegen, ändere nichts, denn § 37 des Mietver...