Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 15.10.2021; Aktenzeichen 3 O 263/21) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 15.10.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 3 O 263/21 - abgeändert:
Die Beklagten zu 2) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, die im Hause S. in ... B., Hinterhaus Fabrikgebäude, EG links von der Hofdurchfahrt und 1. OG gelegenen Gewerberäume, insgesamt ca. 401 qm, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
Für die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz gilt Folgendes:
Die Gerichtskosten tragen jeweils zur Hälfte der Kläger und als Gesamtschuldner die Beklagten zu 2) und 3). Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 4). Die Beklagten zu 2) und 3) tragen 74 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Beklagten zu 2) und 3) haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten zu 2) und 3) dürfen die Vollstreckung wegen des Räumungs- und Herausgabeanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Verhältnis des Klägers zu den Beklagten zu 2) und 3) darf jede Partei die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Den Beklagten zu 2) und 3) wird (nur) in Bezug auf die oben genannten Räume im 1. OG eine Räumungsfrist bis 30.06.2022 gewährt.
Gründe
A. Die Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 15.10.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, mit dem seine auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen worden ist. Das Landgericht hat ausgeführt, dass mit dem Mietvertrag vom 16.05.2011 ein Wohnraummietverhältnis begründet worden sei, so dass die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 23 Nr. 2 lit. a GVG gegeben sei. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Der Kläger macht geltend:
Das Landgericht habe die nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 202, 39) geltenden Auslegungskriterien für die Bestimmung, ob das Mischmietverhältnis im Schwerpunkt auf eine vertragsgemäße Nutzung zu Wohnzwecken oder zu gewerblichen Zwecken gerichtet sei, unzutreffend angewandt. Tatsächlich nenne es nur ein für die Wohnnutzung sprechendes Kriterium, nämlich die Nutzung der überwiegenden Fläche im 1. OG (238 qm, gegenüber 163 qm im EG) zu Wohnzwecken. Sämtliche weiteren Indizien sprächen für den Schwerpunkt auf der gewerblichen Nutzung, insbesondere Vertragsüberschrift, Inhalt der Vertragsbestimmungen, Lage in einem Fabrikgebäude, die vorvertraglichen Auskünfte der Beklagten (befristetes Projekt für einen Verein), Hervorhebung der gewerblichen Nutzung bei bloßer Gestattung der zusätzlichen Wohnnutzung, die baulichen Gegebenheiten und die vereinbarte Befristung mit Verlängerungsoption.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Berlin vom 15.10.2021 - 3 O 263/21 - abzuändern und die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen,
die im Hause S. in ... B., Hinterhaus Fabrikgebäude, EG links von der Hofdurchfahrt und 1. OG gelegenen Gewerberäume, insgesamt ca. 401 qm, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
ihnen eine angemessene Räumungsfrist zu bewilligen,
weiterhin hilfsweise,
im Falle einer Verurteilung das Räumungsurteil gemäß § 712 Abs. 1 S. 2 ZPO für nicht vollstreckbar zu erklären,
und höchst vorsorglich,
ihnen gemäß § 712 Abs. 1 ZPO zu gestatten, die vorläufige Vollstreckbarkeit eines eventuellen Räumungsurteils ohne Rücksicht auf die Sicherheit der Klägerseite durch eigene Sicherheitsleistung abzuwenden.
Die Beklagten zu 2) und 3) erwidern:
Die Vertragsparteien seien bei Vertragsschluss übereingekommen, dass das 1. OG im Sinne des von den Beklagten vorgelegten Konzepts zu Wohnraum für sieben Personen umgebaut werde. Die Vertragsüberschrift und die Lage in einem Fabrikgebäude seien keine Indizien für eine überwiegende gewerbliche Nutzung.
B. Die Berufung ist begründet.
1) Die Klage ist zulässig. Das Landgericht war sachlich zuständig, da es sich nicht um eine zur ausschließlichen Zuständigkeit der Amtsgerichte führende Streitigkeit aus einem Wohnraummietverhältnis (§ 23 Nr. 2 lit. a GVG) handelt, und der Wert der Räumungsklage den Betrag von 5.000,00 EUR übersteigt (§§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG).
Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass es für die Einordnung des Mischmietverhältnisses als Wohn- oder Geschäftsraummiete darauf ankommt, ob die Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der im Urteil des BGH vom 09.07.2014 -VIII ZR 376/13, BGHZ 202, 39 = NJW 2014, 2864 dargelegten denkbaren Umstände des Einze...