Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 18.07.2011; Aktenzeichen 38 O 350/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.7.2011 verkündete Urteil des LG Berlin - 38 O 350/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Von der Darstellung eines Tatbestandes hat der Senat gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. § 26 Nr. 8 EGZPO) abgesehen.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten über die vom LG ausgeurteilten 10 EUR hinaus, die nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, kein Anspruch auf Zahlung von Entgelt aus dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Mobilfunkvertrag zu. Dieser ist, wie das LG zutreffend angenommen hat, als Telefondienstvertrag, also als Dienstvertrag i.S.v. § 611 BGB zu qualifizieren. Die Klägerin hat sich zur Erbringung der Dienstleistung verpflichtet, dem Beklagten als Kunden den Zugang zum öffentlichen Telekommunikationsnetz zu eröffnen und zu ermöglichen, unter Aufbau abgehender und Entgegennahme ankommender Telefonverbindungen mit anderen Teilnehmern eines Telefonfest- oder Mobilfunknetzes Sprache oder sonstige Daten auszutauschen (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2006 - III ZR 58/06 juris Rz. 8 m.w.N., NJW 2007, 438 f.; Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., Einf. v. § 631 Rz. 28 m.w.N.; Eckert in Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 498, Rz. 40 m.w.N.).

Für die Entscheidung kann dahinstehen, ob eine Entgeltforderung der Klägerin in Höhe der in der Rechnung vom 31.8.2009 (Anlage K3) aufgeführten Beträge überhaupt entstanden ist.

Dabei kann sich allerdings der Senat der Auslegung des Vertrages durch das LG nicht anschließen, dass zwischen den Parteien nur eine einmalige Aufladung i.H.v. 10 EUR vereinbart worden ist und im Übrigen eine manuelle Aufladung und dass deshalb nur eine Forderung in dieser Höhe bestehe. Gegen diese Auslegung spricht, dass sie nicht berücksichtigt, dass bei Vertragsschluss die manuelle Aufladung ausdrücklich nur als alternative Option zu der vom Beklagten gewählten automatischen Aufladung vorgesehen war und nicht als kumulative Option.

Für die Entscheidung kann auch offen bleiben, ob der in Rechnung gestellte Tarif für GPRS-Verbindungen, von dem die Klägerin behauptet, er sei auf ihren Internetseiten unter "Service" einsehbar gewesen, entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht Gegenstand des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages geworden ist, der, wie aus II Nr. 1 der AGB der Klägerin ersichtlich ist, zumindest auch die Möglichkeit vorsieht, Daten aus dem Internet zu laden.

Auch kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob die in Rechnung gestellten Internetverbindungen über die dem Beklagten von der Klägerin zur Verfügung gestellte SIM-Karte, wie die Klägerin behauptet, tatsächlich hergestellt worden sind und ob das Prüfprotokoll der Telekom (Anlage K6) insoweit geeignet ist, einen Beweis nach § 45i Abs. 3 TKG dafür zu begründen, dass die Klägerin die Telekommunikationsdienstleistung in dem dort genannten Sinne fehlerfrei erbracht hat, insbesondere, ob das Prüfprotokoll die Anforderungen von § 45i Abs. 1 Satz 2 TKG erfüllt.

Auch die Behauptungen der Klägerin zur Entstehung des Anspruchs dem Grunde und der Höhe nach als richtig unterstellt, stünde der Klägerin der mit der Klage geltend gemachte Anspruch nicht zu. Denn in diesem Falle hätte der Beklagte gegen die Klägerin einen Schadensersatzanspruch auf Freistellung von den durch die Internetverbindungen möglicherweise ausgelösten Kosten aus § 280 Abs. 1 BGB, weil die Klägerin vertragliche Nebenpflichten (vgl. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) in Form von Hinweis- und Informationspflichten vor allem beim Vertragsschluss, aber auch während des laufenden Vertrages gegenüber dem Beklagten verletzt hat (vgl. zu Informations- und Hinweispflichten bei Telekommunikationsdienstleistungsverträgen BGH, Urt. v. 15.3.2012 - III ZR 190/11, insbesondere juris Rz. 10und 13 ff. mit Anmerkung von Höhne, jurisPR-ITR 11/2012 Anm. 4; ferner, für den Fall einer automatischen Internetnutzung durch eine mit verkaufte Navigationssoftware OLG Schleswig, Urt. v. 15.9.2011 - 16 U 140/10 - SchlHA 2012, 91 f.). Diesen Schadensersatzanspruch kann der Beklagte dem geltend gemachten Anspruch gem. § 242 BGB als Einwand des "dolo agit, qui petit quod statim redditurus est" entgegensetzen.

Die Klägerin hätte, wenn sie die Tarifoption "automatische Aufladung" sobald das Guthaben des Kunden unter 2 EUR sinkt, in vom Kunden zu bestimmender Höhe angeboten hat, nachdrücklich und deutlich darauf hinweisen müssen, dass bei bestimmten Nutzungsarten der SIM-Karte entgegen Ziff. VIII 1. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin durch eine Vorleistung des Kunden nicht gedeckte unkalkulierbar hohe Kosten entstehen können und, ohne, dass, wie bei der Tarifwahl angekün...

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