Entscheidungsstichwort (Thema)
Kollision mit einem sorglos die Fahrbahn überquerenden Fußgänger
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 23.07.2002; Aktenzeichen 17 O 429/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 2) gegen das am 23.7.2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des LG Berlin - 17 O 429/01 - wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das genannte Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
a) 556,91 Euro nebst 4 % Zinsen seit 10.10.2001,
b) eine monatliche Rente i.H.v. 89,48 Euro, zahlbar zum 1. eines jeden Monats, erstmals ab 1.8.2001 bis einschließlich 1.2.2036
zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 25 % der zukünftigen materiellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 12.8.1998 zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 84 % und die Beklagten 16 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Berufungen der Beklagten zu 2) und des Klägers richten sich gegen das Urteil der Zivilkammer 17 des LG Berlin vom 23.7.2002, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird. Die Beklagte zu 2) hat gegen das ihr am 1.10.2002 zugestellte Urteil mit einem am 8.10.2002 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und gleichzeitig begründet. Der Kläger hat gegen das ihm am 1.10.2002 zugestellte Urteil am 30.10.2002 Berufung eingelegt und diese mit einem am 25.11.2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte zu 2) begehrt mit ihrem Rechtsmittel die vollständige Abweisung der Klage und macht geltend, das LG habe zu Unrecht verneint, dass sich der Unfall aus Sicht der Beklagten als unabwendbares Ereignis i.S.d. § 7 Abs. 2 StVG a.F. dargestellt habe. Nach dem vom LG eingeholten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R. sei der Unabwendbarkeitsnachweis geführt. Wenn das LG ausführe, der Beklagte zu 1) hätte den Unfall möglicherweise durch ein Hupsignal, eine Verringerung der Geschwindigkeit oder eine Vollbremsung vermeiden können, sei dies reine Spekulation. Zudem habe das LG bei der gem. §§ 9, 17 StVG, 254 BGB erforderlichen Abwägung übersehen, dass die von dem bei der Beklagten zu 2) gegen Haftpflicht versicherten Kfz ausgehende Betriebsgefahr hinter dem groben Verschulden des Klägers vollständig zurückzutreten habe.
Die Beklagte zu 2) beantragt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zu 2) zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt zur eigenen Berufung, das Urteil des LG Berlin teilweise abzuändern und festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger 70 % des künftigen materiellen Schadens aus dem Verkehrsunfall vom 12.8.1998 zu ersetzen haben, soweit Ansprüche auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner 7.014,92 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu bezahlen.
Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, dem Kläger eine monatliche Rente i.H.v. 250,53 Euro, zahlbar bis zum 1. eines jeden Monats, seit dem 1.8.2001 zu bezahlen.
Der Kläger verfolgt die erstinstanzlichen Anträge weiter, soweit das LG sie mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen hat. Er meint, das LG habe die Betriebsgefahr des bei der Beklagten zu 2) gegen Haftpflicht versicherten Fahrzeugs unzutreffenderweise mit lediglich 25 % des entstandenen Schadens angesetzt. Aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens hätte das LG nicht von einem überwiegenden Verschulden des Klägers ausgehen dürfen, da der Sachverständige nicht habe ausschließen können, dass der Beklagte zu 1) mit einer Geschwindigkeit von bis zu 75 km/h gefahren ist. Auch habe der Beklagte zu 1) entgegen der Ansicht des LG nicht darauf vertrauen dürfen, der Kläger werde bei Herannahen des Beklagten zu 1) weiter auf dem Gleisbett stehen bleiben. Vielmehr habe der Beklagte zu 1) damit rechnen müssen, dass der Kläger die Fahrbahn betreten würde, da für ihn erkennbar zuvor bereits andere Personen die Fahrbahn passiert hätten.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil, soweit es ihnen günstig ist und beantragen, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akten 12 U 280/02 des KG sowie 414 Ds 148/99 des AG Tiergarten haben zu Informationszwecken v...