Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 19.02.1997; Aktenzeichen 32 O 697/96) |
Tenor
Urteil der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird bei einem Wert der Beschwer von unter 60.000,00 DM nicht zugelassen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Da ein mit Gründen versehenes Urteil des Landgerichts nicht zugestellt worden ist, begann die Berufungsfrist gemäß § 516 ZPO 2. Satzteil fünf Monate nach Verkündung des Urteils, also am 19. Juli 1997 zu laufen. Die am 21. Juni 1997 eingegangene und am 4. Juli 1997 begründete Berufung wahrt diese Frist. Dem Umstand, daß vor Fristbeginn Berufung eingelegt worden ist, kommt keine Bedeutung zu, weil die Berufung bereits nach Verkündung eines Urteils statthaft ist.
Das landgerichtliche Verfahren leidet an dem wesentlichen Mangel im Sinne des § 539 ZPO, daß das am 19. Februar 1997 verkündete Urteil nicht mit Gründen versehen worden ist. Zu den wesentlichen Verfahrensmängeln des § 539 ZPO zählen alle Verstöße gegen § 551 ZPO und damit auch ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 551 Ziff. 7 ZPO.
Der Senat hat trotz dieses wesentlichen Verfahrensmangels gemäß § 540 ZPO davon abgesehen, den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen. Eine Entscheidung des Senates in der Sache ist sachdienlich, weil der Rechtsstreit entscheidungsreif ist und nach den Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterer streitentscheidender Sachvortrag auch nicht zu erwarten ist.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Ansicht der Beklagten, sie schulde von dem Tage ab keinen Mietzins mehr, zu dem sie das Mietverhältnis fristlos hätte kündigen können, findet im Gesetz keine Stütze. Ohne eine Kündigung besteht das Mietverhältnis fort. Im bestehenden Mietverhältnis wird Mietzins geschuldet und kann es nur darum gehen, ob die Schuld in der vollen im Vertrage vereinbarten oder in einer geminderten Höhe besteht. Der Anspruch des Klägers ergibt sich bis zum Zugang seiner fristlosen Kündigung vom 22. Oktober 1996 daher aus § 535 BGB. Dieser Anspruch besteht in ungeminderter Höhe.
Es stellt keinen Mangel der Mietsache dar, daß die großen Fensterflächen der Mieträume keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen gegen Einbrüche aufzuweisen hatten. Es gibt in Berlin Tausende von Ladengeschäften mit großen Schaufenstern, die bauseitig nicht mit derartigen Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet sind. Die Beklagte, der die Mietsache zum Betriebe eines Ladenlokals für Beratung und Verkauf von Sicherheits-, Kommunikations- und Bürotechnik überlassen worden ist, legt nicht dar, daß dieser Nutzungszweck einen das Maß des Üblichen übersteigenden Sicherheitsstandards erfordert hätte. Im übrigen ergibt sich aus der Baubeschreibung, die Anlage zum Mietvertrag war, daß die Fensterflächen ungesichert sein würden und die fehlenden Sicherheitsvorkehrungen sind spätestens offenbar geworden, als die Beklagte die Mieträume zur Nutzung übernommen hat. Gemäß § 539 BGB wäre eine Minderung daher ohnehin ausgeschlossen. Gleiches würde im übrigen gemäß §§ 543, 542 BGB für das von der Beklagten gesehene Recht zur fristlosen Kündigung gelten.
Der Beklagten ist zuzugeben, daß Umweltmängel, die sich aus der Belegenheit der Mietsache ergeben, und Übergriffe Dritter auf die Mietsache einen Mangel der Mietsache darstellen können (vgl. z.B. BGH NJW 1974 S. 2233). Auch aus einem so begründeten Mangel kann die Beklagte jedoch nichts für sich herleiten, weil sie in Kenntnis dieses Mangels über Monate hinweg keine Beanstandungen beim Vermieter erhoben und den Mietzins vorbehaltlos in voller Höhe entrichtet hat. Der erste von sechs Einbrüchen bzw. Einbruchversuchen erfolgte im September 1995. Die Beklagte hat den Mietzins bis Juni 1996 in voller Höhe vorbehaltlos weiter entrichtet und sich erst im September 1996 an den Kläger gewandt. Auch dieses Verhalten eines Mieters läßt nach ständiger Rechtsprechung die Vorschrift des § 539 BGB mit den bereits oben erörterten Folgen eingreifen. Die Ansicht der Beklagten, der Mangel der Mietsache liege darin, daß ihr kein weiterer Versicherungsschutz mehr gewährt worden wäre, ist unzutreffend. Die Verweigerung von Versicherungsschutz begründet keinen Mangel der Mietsache, sie ist allenfalls Folge eines solchen Mangels.
Für die Zeit nach Zugang der fristlosen Kündigung des Klägers schuldet die Beklagte eine Nutzungsentschädigung in Höhe des vertraglich vereinbarten Mietzinses, weil sie nicht alle Schlüssel zurückgegeben und dem Vermieter die Mietsache daher vorenthalten hat. Aus den vorstehend dargelegten Gründen kommt auch für diese Zeit eine Minderung nicht in Betracht. Der Anspruch aus der ersten Alternative des § 557 Satz 1 BGB besteht grundsätzlich in der Höhe, in der zuletzt vor Vertragsende Mietzins zu entrichten war. Schließlich kann der Kläger seinen Anspruch für die Zeit nach Zugang der fristlosen Kündigung auch...