Leitsatz (amtlich)
Die zur Schadensfeststellung erforderlichen Kosten eines Kfz-Sachverständigengutachtens gehören zu den Kosten der Wiederherstellung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und sind vom Schädiger zu erstatten. Dabei kommt eine Erstattung ohnehin nur insoweit in Betracht, als der Geschädigte zur Zahlung verpflichtet ist. Wird keine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung getroffen, gilt § 632 Abs. 2 BGB. Diese übliche Vergütung ist in jedem Fall zu erstatten. Für die Feststellung, ob der geltend gemachte Betrag üblich ist, gilt § 287 ZPO.
Normenkette
BGB § 249 Abs. 2 S. 1; ZPO § 387
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 23.12.2013; Aktenzeichen 43 O 287/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.12.2013 verkündete Urteil des LG Berlin - 43 O 287/12 - teilweise wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
1.) 262,39 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.6.2011,
2.) 87,40 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 8.7.2011,
3.) 74,91 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12.7.2011,
4.) 73,91 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.9.2011,
5.) 97 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.10.2011,
6.) 28,46 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.5.2012 sowie
7.) 26,12 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.2.2012 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Kläger 71 % und die Beklagte 29 % zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht als Kfz-Sachverständiger aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche mehrerer Verkehrsunfallgeschädigter geltend und verlangt von der Beklagten als Haftpflichtversicherung der jeweiligen Unfallgegner Zahlung seines restlichen Sachverständigenhonorars i.H.v. insgesamt 650,19 EUR nebst Zinsen.
Er war von den Geschädigten jeweils mit der Erstattung eines Schadensgutachtens beauftragt und stellte ihnen nach Gutachtenerstattung sein Honorar in Rechnung. Die Geschädigten traten insoweit ihre Schadensersatzforderungen gegen den jeweiligen Unfallgegner und dessen Versicherungsgesellschaft sicherungshalber an ihn ab.
Der Kläger berechnete anhand der jeweils ermittelten Schadenshöhe sein Netto-Grundhonorar sowie diverse Nebenkostenpositionen wie Fahrt- und Fotokosten, Schreibgebühren/Bürokosten, Porto/Telefon/EDV und Kalkulationskosten) zzgl. 19 % Mehrwertsteuer.
Die Basis für seine Berechnungen bildeten die Grundhonorar- und Nebenkostentabellen (jeweils Nettowerte) zum sog. Honorarkorridor HB III, die der Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Fahrzeugwesen e.V. (BVSK) nach einer in der Zeit von Oktober 2008 bis März 2009 durchgeführten Honorarbefragung bei insgesamt 617 Sachverständigenbüros für 2008/2009 veröffentlicht hat. Die vom Kläger in Rechnung gestellten Netto-Beträge bewegen sich sowohl hinsichtlich der Grundhonorare als auch hinsichtlich der Nebenkosten innerhalb des jeweiligen HB III-Honorarkorridors.
Die Beklagte kürzte die als Schadensersatz geltend gemachten Honorarforderungen im Wesentlichen unter Berufung auf ein veröffentlichtes Honorartableau nach Maßgabe eines zwischen ihr und dem BVSK zustande gekommenen und veröffentlichten Gesprächsergebnisses vom 1.11.2009 und leistete vorprozessual lediglich Teilzahlungen auf die ihr vom Kläger vorgelegten Honorarrechnungen.
Im Unterschied zu der BVSK-Befragung werden in diesem Tableau nicht Netto-, sondern feste Brutto-Honorarbeträge in Abhängigkeit zur Schadenshöhe ohne Honorarkorridor ausgewiesen, die bereits eine Nebenkostenpauschale für Foto-, Schreib-, Porto-, Telefonkosten und einen Grundanteil für Fahrtkosten enthalten. Die Beklagte macht u.a. geltend, diese Werte würden der derzeitigen Marktlage entsprechen.
Der Kläger hat erstinstanzlich seine Klage teilweise zurückgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlichen Antragstellung wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, im Übrigen auf den gesamten Akteninhalt nebst Anlagen Bezug genommen.
Das LG hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen und - soweit im Berufungsverfahren noch relevant - zur Begründung sinngemäß ausgeführt, es fehle zum Teil bereits an einer wirksamen Abtretung der Forderung mangels hinreichender Bestimmbarkeit. Im Übrigen seien die geltend gemachten Gutachterkosten übersetzt. Denn der den Geschädigten als Schadensersatz nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende erforderliche Herstellungsaufwand bemesse sich für die Sachverständigenkosten nach § 287 ZPO nur auf einen Anteil von geschätzten 15 % der jeweils ermittelten Netto-Reparaturkosten bzw. des Wiederbeschaffungswertes im Fall eines Totalschadens. Durch die von der Beklagten vorgerichtlich geleisteten höher...