Leitsatz (amtlich)
Wechselbezügliche Verfügungen in einem von Eheleuten errichteten gemeinschaftlichen Testament sind nach Scheidung der Ehe, sofern sie noch wirksam bleiben, ohne weiteres auch einseitig aufhebbar.
Normenkette
BGB §§ 2077, 2268, 2271, 2296
Verfahrensgang
LG Berlin (Teilurteil vom 20.04.2000; Aktenzeichen 5 O 100/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.4.2000 verkündete Teilurteil der Zivilkammer 5 des LG Berlin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Auslegung und Wirksamkeit mehrerer Testamente, die die Mutter der Klägerin errichtet hat.
Die am 16.5.1965 geborene Klägerin ist das einzige Kind der am 4.2.1996 verstorbenen F., geborene W., und des F., mit dem die Erblasserin von 1965 bis 1986 verheiratet war. Seit 1983 lebten die Eltern der Klägerin getrennt. Am 29.8.1995 heiratete die Erblasserin den Beklagten, mit dem sie seit 1983 zusammen gelebt hatte.
Die Eltern der Klägerin errichteten am 10.11.1980 ein notarielles Testament (Bd. I, Bl. 124 d.A.), in dem sie sich gegenseitig als befreite Vorerben und die Klägerin als Nacherbin einsetzten.
Mit Datum vom 24.11.1980 setzte die Erblasserin eine „Erklärung” auf, in welcher sie sich bezichtigte, eine schlechte Ehefrau gewesen zu sein, sowie ausführte, die Trennung anzustreben und den Vater der Klägerin für seine in der Ehe erbrachten Verwaltungstätigkeiten durch Zuwendung ihrer halben Rentenansprüche sowie der halben Überschüsse aus ihrem Grundbesitz entschädigen zu wollen. Weiter heißt es darin:
„Für den Fall einer nochmaligen Eheschließung durch mich erkläre ich hiermit frei und nicht unter Zwang, unwiderruflich, dass mein Ehepartner keinerlei Rechte an meinem Grundbesitz erhalten und ausüben wird. Der Besitz bleibt in vollem Umfang unserer Tochter M. als künftigen Alleinerbin.”
Mit Datum vom 28.3.1982 trafen die Eltern der Klägerin eine schriftliche Vereinbarung, in der die Erblasserin u.a. anerkannte, ihrem damaligen Ehemann 540.500 DM zu schulden, und diesem ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht an der Ehewohnung einräumte; weiter heißt es in dieser Vereinbarung, dass die am 24.11.1980 schriftlich abgegebenen Erklärungen und Anerkenntnisse der Erblasserin nicht aufgehoben seien.
Am 6.12.1988 errichtete die Erblasserin ein notarielles Testament, in dem sie unter Aufhebung aller bisherigen letztwilligen Verfügungen die Zoologischer Garten Berlin AG zu ihrem Alleinerben einsetzte; der Klägerin vermachte sie eine lebenslängliche Rente, dem Beklagten ein lebenslängliches Wohnrecht in einem ihrer Häuser.
Anfang August 1995 wurde bekannt, dass die Erblasserin an einem weit fortgeschrittenen unheilbaren Tumorleiden mit einer Lebenserwartung von nur noch wenigen Monaten erkrankt war. Auf Grund dieser Erkrankung befand sie sich vom 8.8.1995 bis Dezember 1995 in chemotherapeutischer Behandlung im B. Universitätsklinikum B. Seit September 1995 standen ihr nach Auskunft der sie behandelnden Ärztin für Naturheilverfahren O. (Bd. I, Bl. 99 der Beiakten) starke Opiate zur Verfügung.
Am 6.9.1995 besuchte die Erblasserin in Begleitung der Zeugin W. das AG Charlottenburg und nahm das Testament vom 6.12.1988 aus der amtlichen Verwahrung zurück. Am 15.9.1995 errichtete sie ein eigenhändiges Testament, in dem sie den Beklagten als befreiten Vorerben und die Klägerin als Nacherbin einsetzte. Außerdem ordnete sie für die Dauer von 10 Jahren Testamentsvollstreckung an. Als Testamentsvollstrecker bestimmte sie den Beklagten und den Rechtsanwalt W.; den Beklagten setzte sie außerdem zum Nacherbentestamentsvollstrecker ein (Kopie Bd. II, Bl. 190 ff. d.A.).
Am 23.10.1995 bestellte die Erblasserin dem Beklagten vor dem Notar W. beschränkte persönliche Dienstbarkeiten für dessen Wohnung in ihrem Hause.
Im September, Oktober und November 1995 musste sich die Erblasserin weiterer kurzstationärer Behandlungen in verschiedenen Krankenhäusern unterziehen. Seit dem 24.1.1996 befand sie sich in dauernder stationärer Behandlung im Universitätsklinikum B., wo sie nach ärztlichem Bericht (Bd. I, Bl. 83 der Beiakten) zuletzt wegen massivster Schmerzen hochdosierte Morphingaben erhielt und am 14.2.1996 verstarb.
Der Beklagte ist durch Erbschein des AG Spandau – VI 60 215/96 – vom 25.1.1999 (Beistück, Bl. 23) als befreiter Vorerbe der Erblasserin ausgewiesen; als Nacherbin ist die Klägerin bezeichnet. Gegen die angekündigte Erteilung dieses Erbscheins hatten die Klägerin und ihr Vater im Nachlassverfahren ohne Erfolg Beschwerde und weitere Beschwerde eingelegt. Auf die Beschwerdeentscheidung des LG Berlin vom 26.6.1997 und des KG vom 8.12...