Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 03.11.1980; Aktenzeichen 17 O 30/79) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 3. November 1980 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
Wegen eines offenbaren Versehens wird der Tenor des genannten Urteils berichtigt und wie folgt neu gefaßt:
I. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Reutlingen vom 9. Januar 1979 - B. - wird in Höhe von 5.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. November 1978 aufrechterhalten.
II. Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 80 % ihres zukünftigen materiellen Schadens aus dem Verkehrsunfall vom 19. Oktober 1977 zu erstatten, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergehen.
III. Im übrigen wird der genannte Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 9/20 und der Beklagte 11/20. Hiervon auszunehmen sind die Kosten der Säumnis des Beklagten, die dieser allein zu tragen hat.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt 9.000,- DM.
Tatbestand
Am 19. Oktober 1977 kam der Beklagte mit seinem Pkw P., polizeiliches Kennzeichen ..., in A. auf der Straße zwischen O. H. und C. von der Fahrbahn ab und stürzte in einen Fluß. Die auf dem Beifahrersitz sitzende, nicht angeschnallte Klägerin wurde verletzt. Sie erlitt eine Gehirnerschütterung, eine Ellenbogengelenk-Luxation links, eine Oberschenkelfraktur links, Schnittwunden und Prellungen des linken Augenlides, des rechten Armes und der rechten Hand. Sie wurde in der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses Constantine erstversorgt und am 21. Oktober 1977 mit dem Flugzeug in die berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen verlegt, wo sie bis zum 25. November 1977 verblieb. Vom 8. bis zum 24. Dezember 1977 wurde sie im Kreiskrankenhaus Reutlingen wegen einer Hepatitis epidemica und eines Thyphus abdominalis stationär behandelt. Seit dem 7. Februar 1978 ist sie wieder arbeitsfähig. Der Oberschenkelmarknagel wurde im April 1981 im Krankenhaus entfernt; das bewirkte eine abermalige, rund sechswöchige Arbeitsunfähigkeit.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten wegen ihrer Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Reutlingen vom 9. Januar 1979 über 10.000,- DM mit 4 % Zinsen seit dem 28. November 1978 erwirkt. Nach rechtzeitigem Einspruch des Beklagten hat sie zur Begründung ihres Anspruchs vorgetragen: Der Beklagte habe wegen zu hoher Geschwindigkeit die Herrschaft über den Wagen verloren. Sie glaube nicht, daß im Fahrzeug Sicherheitsgurte vorhanden gewesen seien, auch der Beklagte sei nicht angeschnallt gewesen. Nach dem Unfall habe sie im verseuchten Wasser des Flußbettes gelegen, wodurch sie sich auch eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse, eine Typhuserkrankung und eine Hepatitis zugezogen habe.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen seit dem 28. November 1978 zu zahlen,
2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihr allen künftigen materiellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 19. Oktober 1977 zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergingen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat eingewendet: Ein ihm auf der Fahrbahnmitte entgegenkommendes, vollauf geblendetes Fahrzeug habe ihn veranlaßt, auszuweichen, um einen Frontalzusammenstoß zu vermeiden. Er habe die Klägerin vor der Fahrt auf die Sicherheitsgurte hingewiesen, auf deren Nichtbenutzung die Verletzungen der Klägerin im wesentlichen zurückzuführen seien. Die Infektionskrankheiten beruhten nicht auf dem Unfall.
Das Landgericht hat über die Unfallverletzungen der Klägerin Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Professor Dr. M. vom 13. März 1980 und eines internistischen Gutachtens des Chefarztes Dr. H. vom 5. September 1980.
Alsdann hat es den Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 5.000,- DM nebst 4 % Zinsen und den Feststellungsanspruch in Höhe von 4/5 stattgegeben, die Klage im übrigen abgewiesen und von den Kosten 9/20 der Klägerin und 11/20 dem Beklagten auferlegt. In den Entscheidungsgründen heißt es: Nach dem Beweis des ersten Anscheins habe der Beklagte, der von der Fahrbahn abgekommen sei, den Unfall verschuldet. Die Klägerin müsse jedoch wegen der Nichtbenutzung des Sicherheitsgurtes 1/5 ihres Schadens tragen. Die unmittelbar auf dem Unfall beruhenden Verletzungen rechtfertigten ein Schmerzensgeld von 5.000,- DM. Nach dem Gutachten des Orthopäden Professor Dr. M. sei der Oberschenkelbruch in guter Stellung verheilt, zurückgeblieben sei eine gewisse Empfindlichkeit im Narbenbereich und im linken Ellenbogengelenk eine endgradige Streckhemmung von 10 %, ferner mehrere Narben in der linken Gesäßhälfte und kleine Fremdkörper seitlich am rechten Ellenbogen. Die d...