Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Das Urteil ist durch Beschluss vom 28. Dezember 2021 berichtigt worden. Der Berichtigungsbeschluss ist am Ende der Entscheidung angefügt.

 

Normenkette

BGB §§ 130, 147 Abs. 2, § 779

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 23.10.2020; Aktenzeichen 96 O 37/19)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 23.10.2020 - 96 O 37/19 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten einen Restwerklohnanspruch in Höhe von 7.825,94 EUR geltend. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in 1. Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwischen den Parteien hinsichtlich der restlichen Werklohnansprüche aus dem Bauvorhaben ein wirksamer Vergleich (§ 779 BGB) zustande gekommen sei, der der Sache nach bewirke, dass etwaige über den Vergleichsbetrag hinausgehende Forderungen der Klägerin gegenüber der Beklagten erlassen worden seien. Die Klägerin sei an das in der E-Mail vom 14.12.2018, 9:19 Uhr liegende Angebot ihrer bevollmächtigten Rechtsanwälte gebunden, welches die Beklagte mit der Anweisung der Zahlung am 21.12.2018 durch schlüssiges Verhalten angenommen habe. Die Klägerin habe ihre Willenserklärung nicht wirksam angefochten, zumal allenfalls ein unbeachtlicher Motiv-Irrtum vorliege. Die Klägerin habe ihr Angebot von 9:19 Uhr auch nicht mehr einseitig zurücknehmen können. Im Falle einer durch E-Mail abzugebenden Willenserklärung gegenüber einem Unternehmen oder einer Behörde gelte die Erklärung, wenn die E-Mail, während der normalen Geschäftszeichen versandt werde, als sofort zugegangen. Mithin stelle die E-Mail von 9:56 Uhr keinen rechtzeitigen Widerruf dar. Die Überweisung des Betrages am 21.12.2018 stelle auch noch eine rechtzeitige Annahme des Angebots der Klägerin dar, zumal eine Frist für die Annahme des Antrags nach § 147 BGB durch die Klägerin nicht gesetzt worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das am 29.10.2020 zugestellte Urteil des Landgerichts Berlin hat die Klägerin am 27.11.2020 Berufung eingelegt und diese nach am 29.12.2020 beantragter und bis zum 29.01.2021 gewährter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 06.01.2021 begründet.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte das Angebot der Klägerin durch Überweisung vom 21.12.2018 rechtzeitig angenommen habe. Die übliche Frist für die Annahme eines Angebots von 2-3 Wochen könne vorliegend nicht herangezogen werden, da das Landgericht unberücksichtigt gelassen habe, dass die Klägerin mit weiterer E-Mail vom 04.12.2018, 9.56 Uhr, ein nicht mehr zurücknehmbares Angebot zurückgenommen habe. Vorliegend sei mithin aufgrund der Gesamtgestaltung davon auszugehen, dass die Klägerin unter Wertung des § 147 Abs. 2 BGB davon ausgehen konnte, dass die Beklagte kurzfristig, mithin innerhalb von ein bis zwei Tagen das Angebot annehme und nicht erst eine Woche später. Zudem habe die Klägerin die üblicherweise anzunehmende Frist dadurch verkürzt, dass sie der Beklagten aufgegeben habe, zur Erledigung des Rechtstreits kurzfristig eine Zahlung vorzunehmen. Bei Verwendung des Wortes "kurzfristig" könne von der Annahme der Zahlung innerhalb von drei Werkarbeitstagen ausgegangen werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin zum Aktenzeichen 96 O 37/19 vom 23.10.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.825,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien ein Vergleich nach § 779 BGB zustande gekommen ist mit der Folge, dass darüberhinausgehende Forderungen der Klägerin gegenüber der Beklagten erlassen worden sind.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass jedenfalls in der E-Mail der Klägerin vom 14.12.2018 von 9:19 Uhr ein (abgeändertes) Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Vergleiches im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB gelegen hat, welches die Beklagte durch die Anweisung d...

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