Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Sondernutzungsrecht durch bestandskräftigen Mehrheitsbeschluss
Leitsatz (amtlich)
Ein Sondernutzungsrecht an gemeinschaftlichen Flächen kann durch nicht angefochtenen und damit bestandskräftig gewordenen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht begründet werden (Abweichung von OLG Düsseldorf FGPrax 1999, 13 = ZMR 1999, 61 = NZM 1999, 378).
Normenkette
WEG § 10 Abs. 1 S. 2, § 15 Abs. 1, § 23 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 18.06.1999; Aktenzeichen 87 T 244/99) |
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 209/98) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der Wohnanlage, der Antragsteller zu 2) jedoch erst seit Dezember 1990 und der Antragsteller zu 3) seit Oktober 1998. Der Antragsgegnerin gehört das Teileigentum Nr. 3 seit dem 3. August 1993. Die Einheit Nr. 3 ist verpachtet an einen Gaststättenbetreiber, welcher den im Gemeinschaftseigentum stehenden Vorgarten als Freischankfläche nutzt. Der Nutzung des Vorgartens durch den Betreiber der Gaststätte liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Als die teilende Eigentümerin noch die Einheit Nr. 3 innehatte und die Nutzung des Vorgartens als Freischankfläche beanspruchte, wurde ein gerichtliches Feststellungsverfahren gegen sie geführt, dass sie kein Sondernutzungsrecht am Vorgarten habe und nicht berechtigt sei, diesen ihrem Mieter zur ausschließlichen Nutzung als Freischankfläche zu überlassen. Diesem Feststellungsanspruch hat der Senat mit Beschluß vom 17. November 1986 – 24 W 2614/86 – entsprochen (NJW-RR 1987, 653 = WM 1987, 163 = MDR 1987, 500 = Rpfleger 1987, 305 = DWE 1987, 62 L). Danach veräußerte die teilende Eigentümerin 1988 die Einheit Nr. 3 an die A. K. Grundstücksverwaltungs GmbH, die zeitweilig als G… Grundstücksverwaltungs GmbH firmierte. Diese versuchte im Wege einer gütlichen Einigung mit den übrigen Wohnungseigentümern zu erreichen, dass der Vorgarten dennoch weiterhin als Freischankfläche genutzt werden könne. Auf der Eigentümerversammlung vom 18. April 1989 ist darüber beraten und unter TOP 3 protokolliert worden:
Die Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt der G… GmbH als Wohnungseigentümerin des Wohnungseigentums Nr. 3 die Nutzung des Vorgartens im Rahmen des Lokalbetriebes. Voraussetzung ist hierfür eine Einigung zwischen der Fa. G…, dem Verwaltungsbeirat sowie den Wohnungseigentümern Dr. Sch. und S. (jetzige Antragstellerin). Das Verhandlungsergebnis wird von der Verwaltung in einer vertraglichen Regelung den Wohnungseigentümern durch Rundschreiben bekannt gegeben.
Auf der Versammlung waren nicht alle Wohnungseigentümer anwesend. Die Anwesenden stimmten der Genehmigung jedoch zu.
Dr. Sch. und die Antragstellerin zu 1) sowie zwei weitere Miteigentümer trafen sich am 16. Mai 1989. Darüber verfaßten sie ein Protokoll, in dem acht Forderungen wie etwa eine schallschluckende Markise, die Errichtung einer Drahtkonstruktion, der Bewuchs und Belag des Bodens des Vorgartens festgehalten sind. Das unterschriebene Protokoll schickten sie an den Verwalter, der es seinerseits an den Verwaltungsbeirat weiterleitete. Der Verwaltungsbeirat unterzeichnete ebenso wie dann auch die G… GmbH. Anschließend wurden die Wohnungseigentümer vom Verwalter über diesen Vorgang informiert. Ein Widerspruch seitens der Wohnungseigentümer hiergegen ist nicht ersichtlich. Zu dem Protokoll vom 16. Mai 1989 gibt es eine Anlage, die nicht unterschrieben ist und in der es heißt, dass man sich „den Widerruf der Zustimmung zum Kneipenbetrieb bei Lärmbelästigung im Vorgarten, vor allem nach 22.00 Uhr, vorbehalte.”
Die in dem Protokoll vom 16. Mai 1989 niedergeschriebenen Forderungen wurden zumindest teilweise nicht eingehalten, wobei sich die Antragsgegnerin wegen der Markise auf Unmöglichkeit, wegen der Drahtkonstruktion auf eine fehlende baurechtliche Genehmigung und wegen des Bodens auf die Rutschgefahr bei einem bloß festgestampften Boden beruft.
Faktisch wurde der Vorgarten daraufhin vom Gaststättenbetreiber als Pächter der Einheit Nr. 3 genutzt. Bis 1991 sind hinsichtlich dieser Nutzung keine konkreten Beanstandungen dargetan. Aus der Folgezeit stammen u. a. zwei Beschwerdeschreiben, und zwar ein Schreiben von Dr. Sch. vom 9. März 1992, in dem Lärmbelästigungen gerügt werden und ein Widerruf der Zustimmung zur Vorgartennutzung angedroht wird, sowie ein Schreiben der Antragstellerin zu 1) vom 12. Juli 1997 an den Verwalter wegen Lärmbelästigungen, in dem vom Pächter der Gaststätte die Einhaltung der protokollierten Punkte verlangt wird.
Am 28. April 1998 fand eine weitere Eigentümerversammlung statt, die sich mit den Beanstandungen beschäftigte und deren Protokoll zu TOP 3 festhält:
Erster Antrag: Der Beschluß vom 18.04.1989 bzgl. Go-Gärtchen wird aufgehoben. Ja: 178; Nein: 391; Enthaltungen: 189
Zweiter Antrag: Die Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt den Verwaltungsbeirat, mit dem Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 3 Vereinbaru...