Die Korrekturvorschriften der AO sind auf Dauerverwaltungsakte, um welche es sich bei der Kindergeld-Festsetzung handelt, nicht ausgerichtet. Deshalb soll § 70 Abs. 3 EStG sicherstellen, dass materielle Fehler, die in der Kindergeld-Festsetzung enthalten sind, z. B.
- fehlerhafte Rechtsanwendung oder
- unzutreffende Sachverhaltserkenntnis,
mit Wirkung für die Zukunft beseitigt werden können.
§ 70 Abs. 3 EStG ist nur auf positive Kindergeld-Festsetzungen, d. h. auf Bescheide, mit denen Kindergeld festgesetzt wird, anzuwenden.
Bei bestandskräftigen Kindergeld-Ablehnungsbescheiden ist deren Bindungswirkung zu beachten.
Eine rechtsfehlerhafte Kindergeld-Festsetzung ist nach § 70 Abs. 3 Satz 1 EStG durch Neufestsetzung oder Aufhebung der letzten Festsetzung von Amts wegen zu korrigieren. Auf ein subjektives Verschulden kommt es nicht an.
Die Änderungsvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (Änderung wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen zuungunsten des Kindergeldberechtigten) wird nicht durch § 70 Abs. 3 EStG verdrängt. Beide Vorschriften sind nebeneinander anwendbar.
Ändert die Familienkasse eine Kindergeld-Festsetzung wegen veränderter Verhältnisse zunächst nur für die Zukunft und nicht auf den Zeitpunkt des Eintritts der Veränderung, kann der erste, objektiv rechtswidrige Änderungsbescheid nur nach § 70 Abs. 3 EStG (mit Wirkung für die Zukunft) geändert werden.
Neu festzusetzen oder aufzuheben ist mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe des Änderungs- oder Aufhebungsbescheids folgenden Monats.
Einspruchsempfehlung bei falscher Änderungsvorschrift
Auch wenn eine Änderung durch die Familienkasse an sich rechtmäßig ist, sollte immer auch die gewählte Änderungsvorschrift geprüft werden. Zwar kann eine falsche Änderungsvorschrift nachträglich im Rahmen einer neuen Begründung nach § 126 AO berichtigt werden. Aber im Rahmen eines Einspruchs kann der Änderungszeitraum gegebenenfalls begrenzt werden. Während § 70 Abs. 3 EStG bspw. lediglich eine Änderung für die Zukunft vorsieht, ist mit § 70 Abs. 2 EStG auch eine rückwirkende Änderung der Kindergeldfestsetzung möglich.