Ist der Unterhaltspflichtige nachhaltig überschuldet und liegt ein Mangelfall vor, kann beim Unterhalt minderjähriger sowie privilegierter volljähriger Kinder eine Verpflichtung des Pflichtigen bestehen, ein Verbraucherinsolvenzverfahren zu beantragen.[1] Aus einer Verbraucherinsolvenz ergibt sich für den Unterhaltsgläubiger folgender Vorteil: Er ist gegenüber anderen Insolvenzgläubigern hinsichtlich der Vollstreckung begünstigt, denn er kann in den Vorrechtsbereich nach § 850d ZPO vollstrecken, wenn sich unmittelbar aus dem Vollstreckungstitel ergibt, dass ein Unterhaltsanspruch der in § 850d Abs. 1 ZPO bezeichneten Art vorliegt. Die Vollstreckung ist also in den Teil des Arbeitseinkommens möglich, auf das der Unterhaltsgläubiger wegen § 850d ZPO in weiterem Umfang zugreifen kann als die Insolvenzgläubiger. Es handelt sich hierbei um den Differenzbetrag zwischen der Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO und dem notwendigen Unterhalt des Schuldners nach § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO.[2] Der unpfändbare notwendige Unterhalt des Schuldners i. S. d. § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO entspricht grundsätzlich dem notwendigen Lebensunterhalt i. S. d. 3. und 11. Kapitels des SGB XII.[3]

Ob dem Unterhaltspflichtigen die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens obliegt, ist im Einzelfall anhand einer Interessensabwägung zu beurteilen. Dabei ist es Aufgabe des Pflichtigen, Umstände vorzutragen und im Zweifel zu beweisen, dass die Einleitung eines Insolvenzverfahrens für ihn unzumutbar ist.[4] Eine Unzumutbarkeit wäre zum Beispiel dann gegeben, wenn durch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens der Arbeitsplatz des Pflichtigen gefährdet wäre.[5] Zudem muss die Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens die Leistungsfähigkeit messbar erhöhen. Daher entfällt die Verpflichtung ebenfalls, wenn der Unterhaltspflichtige die Verbindlichkeiten so umschulden kann, dass er in etwa leistungsfähig ist wie bei einer Verbraucherinsolvenz.[6]

Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, hat dies folgende Konsequenzen für die Unterhaltsansprüche: Sämtliche bis zur Eröffnung des Verfahrens fällig gewordene Unterhaltsansprüche fallen in die Insolvenzmasse. Sie sind als normale Insolvenzforderungen beim Insolvenzverwalter zur Eintragung in die Tabelle anzumelden mit der Folge, dass sie in der Regel nur noch zu einer geringen Quote – im schlechtesten Fall gar nicht mehr – befriedigt werden. Im Falle einer Restschuldbefreiung am Ende des Insolvenzverfahrens erlöschen die Forderungen dann. Unterhaltsansprüche, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig werden, zählen gemäß § 40 Satz 1 InsO nicht zu den Insolvenzforderungen und sind somit nicht von der Restschuldbefreiung erfasst. Für diese Unterhaltsforderungen gilt ein Vorrang entsprechend der bereits obig geschilderten Maßstäbe.

[2] Vgl. Büte, FuR 2015, S. 583; Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 1603 BGB, Rz. 1452 ff.

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