Als Selbstbehalt wird der Betrag bezeichnet, der dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug aller unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten verbleiben muss, damit dieser seinen eigenen notwendigen Mindestbedarf sicherstellen kann. Wird der Selbstbehalt unterschritten, liegt ein Mangelfall vor.
Zu unterscheiden ist beim Kindesunterhalt der notwendige Selbstbehalt von dem angemessenen Selbstbehalt. Der notwendige Selbstbehalt kommt zum Tragen, wenn der Unterhaltspflichtige gegenüber minderjährigen und ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten privilegierten volljährigen Kindern unterhaltspflichtig ist. Er resultiert aus der gesteigerten Unterhaltspflicht gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB und beläuft sich auf 1.120 EUR, wenn der Unterhaltspflichtige nicht erwerbstätig ist sowie auf 1.370 EUR im Falle der Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen. Hierin sind bis 520 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten.
Der angemessene Selbstbehalt gilt in der Regel bei Unterhaltsansprüchen gegenüber volljährigen, nicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegierten Kindern. Er beläuft sich derzeit auf 1.650 EUR. Darin ist eine Warmmiete bis 650 EUR enthalten.
4.4.1.1 Erhöhung des Selbstbehaltes
In bestimmten Fällen kann sich der Unterhaltspflichtige auf einen erhöhten Selbstbehalt berufen. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn er für die Deckung seines Wohnbedarfs dauerhaft unvermeidbare Mehrkosten in erheblichen Umfang aufbringen muss, wenn also der im Tabellensatz ausgewiesene Mietanteil von 520 EUR beim notwendigen Selbstbehalt bzw. 650 EUR beim angemessenen Selbstbehalt im Einzelfall erheblich überschritten wird und dies nicht vermeidbar ist. Dies kommt vor allem in besonders kostenintensiven Wohnorten zum Tragen, erfordert vom Unterhaltspflichtigen jedoch die Darlegung und im Zweifel auch den Beweis dafür, dass die erhöhten Wohnkosten in der konkreten Situation unausweichlich sind. Ferner ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, bei der die Interessen des minderjährigen Kindes an angemessenen Unterhaltszahlungen abgewogen werden mit den Wohnbedürfnissen des Unterhaltspflichtigen. Ggf. kommt die Zubilligung eines erhöhten Selbstbehaltes in Folge erhöhter Wohnkosten auch nur für einen Übergangszeitraum in Betracht.
Gerade auch während des Trennungsjahres können erhöhte Wohnkosten zu berücksichtigen sein. Von dem Unterhaltspflichtigen kann vor Ablauf des Trennungsjahres entsprechend den Rechtsgedanken der §§ 1565, 1566 BGB grundsätzlich nicht verlangt werden, die Ehewohnung aufzugeben, um sich eine kleinere, preisgünstigere Wohnung zu suchen, damit der Mindestunterhalt für sein minderjähriges Kind sichergestellt ist. In der Anfangsphase der Trennung ist nicht hinreichend sicher voraussehbar, ob die Ehe geschieden wird, sodass es grundsätzlich sachgerecht erscheint, den bisherigen räumlichen Bereich der Familie zunächst weiter zu erhalten.
Voraussetzung für eine Erhöhung des Selbstbehalts infolge hoher Wohnkosten ist die Unvermeidbarkeit der Überschreitung des im Selbstbehalt vorgesehenen Betrages. Hierzu bedarf es konkreter Darlegungen, warum es nicht möglich ist, eine günstigere Wohnung zu finden.
Den Unterhaltsschuldner trifft die Obliegenheit, sich ihm mögliche und zumutbare Einkommensquellen zu erschließen, was in erhöhtem Maße im Mangelfall gilt. Daher ist er gehalten, seine Wohnkosten durch die Inanspruchnahme von Wohngeld zu senken, sofern ein Anspruch darauf besteht.
Nach der Rechtsprechung des BGH können zudem die angemessenen Kosten des Umgangs eines barunterhaltspflichtigen Elternteils mit seinem Kind dann zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts oder einer entsprechenden Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens führen, wenn dem Unterhaltspflichtigen das anteilige Kindergeld gemäß § 1612b Abs. 5 BGB ganz oder teilweise nicht zugutekommt und er die Kosten nicht aus den Mitteln bestreiten kann, die ihm über den notwendigen Selbstbehalt hinaus verbleiben.
4.4.1.2 Herabsetzung des Selbstbehaltes
Auch eine Herabsetzung des Selbstbehaltes kommt in Betracht. Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn der Unterhaltspflichtige günstig wohnt und die Warmmietkosten nicht die Beträge von 520 EUR beim notwendigen Selbstbehalt bzw. 650 EUR beim angemessenen Selbstbehalt erreichen. Diesem ist es nicht verwehrt, seine Bedürfnisse anders als in den Unterhaltstabellen vorgesehen zu gewichten und sich mit einer preiswerteren Wohnung zu begnügen, um zusätzliche Mittel für andere Zwecke einsetzen zu können.
Eine Herabsetzung wird aber regelmäßig vorgenommen, wenn der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammenlebt und es deshalb zu einer Ersparnis durch die gemeinsame Haushaltsführung kommt (Stichwort: Synergieeffekt). Der BGH bemisst...