Schwierig zu lösen sind Fälle, in denen der gegenüber seinen Kindern aus erster Ehe Unterhaltsverpflichtete in der neuen Ehe die Haushaltsführung und ggfs. auch die Kinderbetreuung übernimmt. Diese sogenannte Hausmann-Rechtsprechung gilt im Übrigen auch für Hausfrauen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entfällt die unterhaltsrechtliche Verpflichtung zur Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern nicht ohne weiteres dadurch, dass der Unterhaltspflichtige eine neue Ehe eingegangen ist und darin im Einvernehmen mit seinem Ehegatten allein die Haushaltsführung übernommen hat. Hierzu führt der BGH aus:
Zitat
Auszugehen ist von dem Grundsatz, daß ein unterhaltspflichtiger Ehegatte seiner früheren Familie auch nach Eingehung einer neuen Ehe unterhaltspflichtig bleibt. Insbesondere dann, wenn er vorher durch seine Erwerbstätigkeit für den finanziellen Familienunterhalt gesorgt hat, ist von ihm bei einer Umstellung seiner beruflichen Tätigkeit eine besondere Rücksichtnahme auf die Belange der von ihm abhängigen Unterhaltsberechtigten zu fordern (vgl. BVerfG Beschluß vom 18. Dezember 1995 – 1 BvR 1208/92). Gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern aus der ersten Familie entfällt seine unterhaltsrechtliche Erwerbsobliegenheit nicht ohne weiteres dadurch, daß er in der neuen Ehe im Einvernehmen mit seinem Ehegatten allein die Haushaltsführung übernehmen will. Auch das Vorhandensein betreuungsbedürftiger Kinder aus der neuen Ehe ändert nichts daran, daß die Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder aus den verschiedenen Ehen gleichrangig sind (§ 1609 Abs. 1 BGB) und der Unterhaltspflichtige seine Arbeitskraft zum Unterhalt aller Kinder einsetzen muß. Zwar können Ehegatten nach § 1356 Abs. 1 BGB die Aufteilung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit im gegenseitigen Einvernehmen regeln und dabei die Haushaltsführung einem von ihnen allein überlassen. Diese Gestaltungsfreiheit gilt aber grundsätzlich nur im Verhältnis der neuen Ehegatten zueinander. Eine mit dem vereinbarten Rollenwechsel verbundene Verminderung der Leistungsfähigkeit des geschiedenen Ehegatten darf nicht in unzumutbarer Weise zu Lasten der Kinder aus erster Ehe gehen (BVerfGE 68, 256 f = FamRZ 1985, 143, 145). Unterhaltsrechtlich entlastet die häusliche Tätigkeit einen unterhaltspflichtigen Ehegatten nämlich nur gegenüber den Mitgliedern seiner neuen Familie, denen diese Fürsorge – im Gegensatz zu den nicht im neuen Familienverbund lebenden minderjährigen Kindern aus erster Ehe – allein zugute kommt. Der unterhaltsrechtliche Gleichrang der Kinder aus erster und zweiter Ehe verwehrt es dem unterhaltspflichtigen Ehegatten, sich nach Eingehung der neuen Ehe ohne weiteres auf die Sorge für die Mitglieder seiner neuen Familie zu beschränken. Auch sein neuer Ehegatte muß nach § 1356 Abs. 2 BGB auf die bestehenden Unterhaltspflichten seines Ehegatten Rücksicht nehmen und dessen dadurch bedingte verminderte Mithilfe im Haushalt und seine arbeitsbedingte Abwesenheit hinnehmen (st. Rspr., vgl. u. a. Senatsurteile BGHZ 75, 272, 275, 276 f; vom 7. Oktober 1981 – IVb ZR 610/80 – FamRZ 1982, 25 f; vom 11. Februar 1987 – IVb ZR 81/85 – FamRZ 1987, 472 f m. w. N.).
Die sogenannte Hausmann-Rechtsprechung findet entsprechende Anwendung, wenn der Unterhaltspflichtige in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit einem anderen Partner zusammenlebt und ein aus dieser Beziehung stammendes Kind betreut.
4.4.3.1 Kriterien zur Überprüfung der Rollenwahl
Liegt ein Fall, welcher nach der "Hausmann-Rechtsprechung" zu beurteilen ist, vor, ist in einem ersten Schritt zu überprüfen, ob die von den neuen Ehegatten bzw. Partnern getroffene Rollenwahl für die unterhaltsrechtliche Bewertung akzeptiert werden kann. Minderjährigen unverheirateten Kindern aus einer früheren Ehe, die nicht innerhalb der neuen Familie leben, kommt die Haushaltsführung in dieser Familie weder unmittelbar noch mittelbar zugute. Da diese Kinder den Mitgliedern der neuen Familie unterhaltsrechtlich nicht nachstehen, darf sich der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht ohne weiteres auf die Sorge für die Mitglieder seiner neuen Familie beschränken. Auch, dass die vom Unterhaltspflichtigen betreuten jüngsten Kinder in der neuen Ehe geboren sind, ändert nichts daran, dass die Unterhaltsansprüche aller minderjährigen unverheirateten Kinder aus den verschiedenen Ehen gleichrangig sind und der Unterhaltspflichtige seine Arbeitskraft zum Unterhalt aller Kinder einsetzen muss.
Sind aus der neuen Ehe keine betreuungsbedürftigen Kinder hervorgegangen, so kann sich der unterhaltspflichtige Elternteil gegenüber den minderjährigen Kindern aus der früheren Ehe regelmäßig nicht auf eine Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit durch die Haushaltsführung berufen.
Wenn der Unterhaltspflichtige in der früheren Ehe erwerbstätig war und diese Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Rollenwechsels zu...