Leitsatz
Über das Vermögen des unterhaltspflichtigen Klägers war das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Insolvenzverwalter und die Gläubigerversammlung bewilligten dem Kläger als "Unterhalt in Höhe des jeweils pfändungsfreien Arbeitseinkommens i.S.v. § 850c ZPO" monatlich 2.069,99 EUR. Gegenstand des Verfahrens war die Frage, wie dieses Einkommen aus unterhaltsrechtlicher Sicht zu bewerten und ob dem Insolvenzschuldner insoweit ein Obliegenheitsverstoß anzulasten ist.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um Abänderung zweiter Titel zum Kindesunterhalt.
Der Beklagte ist am 4.6.1985 als Sohn des Klägers aus dessen erster Ehe geboren. Seit der Scheidung seiner Eltern lebte er im Haushalt seiner Mutter und besucht noch das Gymnasium. Mit Anerkenntnisurteil aus dem Monat Juli 2002 und weiterem Urteil vom 26.9.2002 wurde der Kläger verurteilt, an den Beklagten monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 431,00 EUR abzüglich hälftigen staatlichen Kindergeldes sowie in Höhe weiterer 81,00 EUR zu zahlen. Dem Urteil lag ein Einkommen des Klägers von mehr als 4.800,00 EUR zugrunde.
Der Kläger ist in zweiter Ehe verheiratet, aus der insgesamt fünf Kinder hervorgegangen sind. Inzwischen lebt er auch von seiner zweiten Ehefrau getrennt. Die Ehescheidung ist rechtshängig. Sein in dieser Ehe am 17.1.1989 geborener Sohn lebt seit der Trennung von der zweiten Ehefrau bei ihm. Die weiteren in den Jahren 1991, 1993, 1998 und 2000 geborenen Kinder leben bei der getrennt lebenden Ehefrau.
Der Kläger ist als niedergelassener Arzt tätig. Mit Beschluss des AG vom 30.5.2003 wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter und die Gläubigerversammlung bewilligtem dem Kläger als "Unterhalt in Höhe des jeweils pfändungsfreien Arbeitseinkommens i.S.v. § 850c ZPO" monatlich 2.069,99 EUR.
Mit Teilurteil des AG vom 30.7.2004 wurde der Kläger unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an seine getrennt lebende zweite Ehefrau und die bei ihr wohnenden vier minderjährigen Kinder monatlichen Unterhalt i.H.v. insgesamt 790,05 EUR zu zahlen. Zugrunde gelegt wurde ein verfügbares Einkommen des Klägers i.H.v. 2.069,99 EUR.
Die Mutter des Beklagten ist ebenfalls als niedergelassene Ärztin tätig und erzielte in den vergangenen Jahren stetig steigende Gewinne. Die Rohbilanz für das Jahr 2003 wies einen vorläufigen Gewinn von 54.510,87 EUR aus. Wegen erheblicher Verluste aus Vermietung und Verpachtung wurden Steuern von der Mutter des Beklagten nicht gezahlt. Für die zu den steuerlichen Verlusten führenden Wohngebäude erbringt sie monatliche Zins- und Tilgungsleistungen i.H.v. 900,00 EUR. Ihre Vorsorgeaufwendungen belaufen sich auf monatlich 1.367,76 EUR.
Das AG hat die Unterhaltspflicht des Klägers dahingehend geändert, dass er dem Beklagten ab 18.9.2003 monatlich nur noch 113,74 EUR schuldet. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG die Unterhaltspflicht - unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten - für die Zeit ab dem 18.9.2003 vollständig entfallen lassen. Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision des Beklagten, die zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht führte.
Entscheidung
Der BGH führte in seiner Entscheidung aus, dass im lnsolvenzverfahren beim Unterhaltsschuldner nach der Art seiner Einkünfte zu differenzieren sei. Beziehe er ein Arbeitseinkommen aus abhängiger Beschäftigung, ergebe sich der unpfändbare und somit nach § 36 Abs. 1 InsO nicht in die Insolvenzmasse fallende Teil seines Einkommens aus § 850c ZPO und - soweit Unterhaltsansprüche vollstreckt würden - aus § 850d ZPO.
Sei der Unterhaltsschuldner selbständig tätig, könne er nur beantragen, ihm von den pfändbaren Ansprüchen soviel als Einkommen zu belassen, wie er für den eigenen notwendigen Unterhalt und den seiner Unterhaltsberechtigten benötige, höchstens aber so viel, wie ihm verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestände.
Darüber hinaus könne der Unterhaltsschuldner vor dem Vollstreckungsgericht beantragen, ihm von dem nach § 850i ZPO pfändbaren Teil seiner Honoraransprüche einen weiteren Teil zu belassen, der für seinen notwendigen Lebensunterhalt neben den geschuldeten Unterhaltsleistungen und für besondere Bedürfnisse aus persönlichen und beruflichen Gründen erforderlich sei.
Insoweit treffe den Unterhaltsschuldner eine Obliegenheit zur Geltendmachung dieser Beträge. Bei einem Verstoß hiergegen führe dies zur fiktiven Berechnung des unpfändbaren Teils und lasse die Möglichkeit, Vorsorgeaufwendungen oder berufsbedingte Aufwendungen abzusetzen, entfallen.
Im konkreten Fall ergab sich nach Auffassung des BGH bei einer Unterhaltspflicht für hier fünf Unterhaltsberechtigte und einem Einkommen von bis zu 3.020,06 EUR ein pfändbarer Betrag i.H.v. 83,79 EUR, somit ein unpfändbarer Betrag von 2.936,27 EUR.
Hinweis
Den nach § 1603 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB gesteigert Unterhaltspflichtigen kann eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz treffen, u...