Leitsatz

Zwei minderjährige Kinder, die seit der Trennung ihrer Eltern in dem Haushalt ihrer Mutter lebten, nahmen ihren Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Erstinstanzlich war er verurteilt worden, an die Klägerin zu 1) rückständigen Kindesunterhalt seit Dezember 2004 bis zur Erreichung der Volljährigkeit der Klägerin zu 1) am 26.8.2005 zu zahlen. Ferner war er verurteilt worden, an den Kläger zu 2) für die Zeit von Dezember 2004 bis einschließlich August 2005 rückständigen Kindesunterhalt und ab September 2005 laufenden Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des jeweiligen Regelbetrages der 3. Altersstufe gemäß § 1 der RegelbetragVO abzüglich des anrechenbaren Kindergeldes zu zahlen. Die weitergehende Klage war abgewiesen worden.

Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der Beklagte Berufung ein und vertrat im Wesentlichen die Auffassung, Kindesunterhalt wegen der erhebliche höheren Einkünfte der Kindesmutter nicht zu schulden. Das Rechtsmittel des Beklagten war teilweise erfolgreich.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Auch nach Auffassung des OLG schuldete der Beklagte den Klägern Unterhalt nach §§ 1601 ff. BGB. Beide Kinder verfügten über kein eigenes Einkommen und lebten im Haushalt der Mutter. Für den Kläger zu 2) gelte dies jedenfalls bis zu dessen Volljährigkeit, bis zu der allein Unterhaltsansprüche geltend gemacht worden waren.

In der Regel erfülle der Elternteil, bei dem die Kinder leben, seine Unterhaltsverpflichtung durch die Betreuung und Versorgung des Kindes. Die in dieser Vorschrift erfolgte Gleichstellung von Bar- und Betreuungsunterhalt gelte jedoch nur für den Regelfall. Von einem solchen könne dann nicht mehr gesprochen werden, wenn das Einkommen des betreuenden Elternteils das des anderen so erheblich übersteige, dass die Anwendung des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen würde (BGH FamRZ 1984, 39 ff., 40). In einem solchen Fall sei der Bedarf des Kindes zu ermitteln nach den Verhältnissen der beiderseitigen Einkommen - unter Einrechnung der Betreuungsleistungen - und auf beide Eltern zu verteilen. Dabei könne der Bedarf wie bei volljährigen Kindern aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern ermittelt werden, wobei der Anteil des nicht betreuenden Elternteils nicht höher sein dürfe als der Unterhalt, den er allein nach seinem Einkommen zu tragen hätte. Der danach zu zahlende Unterhalt könne sich aber auch ermäßigen oder sogar ganz entfallen, insbesondere wenn der nicht betreuende Elternteil zu Unterhaltszahlungen ohne Beeinträchtigung des eigenen angemessenen Unterhalts nicht in der Lage wäre. Der Auffassung, dass der nicht betreuende Elternteil mindestens den Barunterhalt i.H.d. Regelbetrages nach der RegelbetragVO zu tragen habe, sei der BGH bereits in seiner Entscheidung vom 16.10.1983 (BGH FamRZ 1984, 39, 40) entgegengetreten.

Unter Berücksichtigung der Einkünfte beider Elternteile ergab sich nach Auffassung des OLG ein Bedarf der Kläger aus der höchsten Gruppe der Düsseldorfer Tabelle. Ab August 2006 nahm der Kläger zu 2) an einem Aufenthalt in den USA teil. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass er diesem Aufenthalt nicht zugestimmt habe. Da die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam ausübten, hätte er dem Aufenthalt widersprechen können, was nicht geschehen sei. Die Kosten des Aufenthalts des Klägers zu 2) in den USA seien von den Parteien entsprechend ihrer jeweiligen Einkünfte zu decken, wobei aufseiten der Kindesmutter die Betreuungsleistungen zu berücksichtigen seien. Diese entfielen auch nicht für die Dauer des USA-Aufenthaltes, da davon auszugehen sei, dass auch in diesem Zeitraum eine Kommunikation und Fürsorge für den Kläger zu 2) durch die Mutter stattfinde.

Für das Jahr 2005 errechnete das OLG ein bereinigtes Nettoeinkommen des Beklagten i.H.v. 1.595,63 EUR für das 1. Quartal 2006 bereinigte Nettoeinkünfte von 1.497,50 EUR. In der Zeit von April bis einschließlich August bezog der Beklagte Arbeitslosengeld i.H.v. 1.055,10 EUR. Nach Auffassung des OLG waren ihm fiktive Einkünfte aus einer Nebenbeschäftigung nicht anzurechnen, da es an einer gesteigerten Unterhaltsverpflichtung im Hinblick auf das Einkommen der Kindesmutter fehle.

Von den jeweils ermittelten Einkünften der Eltern setzte das OLG einen angemessenen Selbstbehalt bis Juni 2005 i.H.v. jeweils 1.000,00 EUR und ab Juli 2005 i.H.v. 1.100,00 EUR ab. Aus dem Verhältnis der dann verbleibenden beiderseitigen Einkünfte errechnete es die Haftungsquote des Beklagten. Dabei habe jeweils eine Erhöhung des von dem Beklagten zu zahlenden Betrages um 50 % im Hinblick auf die Betreuungsleistungen der Kindesmutter zu erfolgen. Da der Anteil des Beklagten unter dem Regelbetrag liege, unterbleibe für die Zeit der Minderjährigkeit der Kläger eine Berücksichtigung des Kindergeldes.

 

Link zur Entscheidung

OLG Braunschweig, Urteil vom 21.02.2007, 1 UF 93/06

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