Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt: Betreuungsleistungen während eines Auslandsaufenthalts des Kindes. Bemessung der Barunterhaltspflicht des deutlich schlechter verdienenden Elternteils
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Betreuungsleistungen der Kindesmutter entfallen nicht vorübergehend, wenn sich das minderjährige unterhaltsberechtigte Kind für ein Jahr im Ausland aufhält. Sie werden durch Kommunikation und Fürsorge erbracht.
2. Der nicht betreuende Elternteil ist bei erheblich schlechteren Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht verpflichtet, Barunterhalt i.H.d. Regelbetrages zu leisten.
3. Aus dem Verhältnis der bereinigten beiderseitigen Einkünfte der Eltern errechnet sich der Anteil am jeweiligen Bedarf der Kinder. Aufseiten des deutlich geringer verdienenden Elternteils, der die Kinder nicht betreut, erfolgt eine Erhöhung des Betrages um 50 % wegen der Betreuungsleistungen des deutlich besser verdienenden Elternteils.
Normenkette
BGB §§ 1603, 1606 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
AG Braunschweig (Urteil vom 07.04.2006; Aktenzeichen 245 F 90/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Braunschweig vom 7.4.2006 abgeändert:
I. Der Beklagte wird verurteilt, folgenden Unterhalt zu zahlen:
1. Für die Klägerin zu 1)
a) rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1.12.2004 bis zum 28.2.2005 i.H.v. 270 EUR, zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 90 EUR seit dem 6.12.2004, auf weitere 90 EUR seit dem 6.1.2005 sowie auf weitere 90 EUR seit dem 6.2.2005,
b) für die Zeit vom 1.3. bis zum 30.6.2005 i.H.v. monatlich 90 EUR,
c) für die Zeit vom 1.7. bis zum 26.8.2005 i.H.v. monatlich 80 EUR,
1. für den Kläger zu 2)
a) rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1.12.2004 bis zum 28.2.2005 i.H.v. 270 EUR, zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 90 EUR seit dem 6.12.2004, auf weitere 90 EUR seit dem 6.1.2005 sowie auf weitere 90 EUR seit dem 6.2.2005,
b) für die Zeit vom 1.3. bis zum 30.6.2005 i.H.v. monatlich 90 EUR,
c) für die Zeit vom 1.7. bis zum 31.8.2005 i.H.v. monatlich 80 EUR,
d) für die Zeit vom 1.9. bis zum 31.12.2005 i.H.v. monatlich 90 EUR,
e) für die Zeit vom 1.1. bis zum 31.3.2006 i.H.v. monatlich 75 EUR,
f) für August 2006 i.H.v. 25 EUR,
g) für September 2006 i.H.v. 40 EUR,
h) für die Zeit ab 1.10.2006 i.H.v. monatlich 45 EUR.
I. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
IV. Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin zu 1) 25 %, der Kläger zu 2) 60 % und der Beklagte 15 % zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten beider Instanzen haben die Klägerin zu 1) 25 % und der Kläger zu 2) 60 % zu tragen; im Übrigen trägt der Beklagte seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Von den außergerichtlichen Kosten beider Instanzen der Klägerin zu 1) hat der Beklagte 30 % zu tragen und von den entsprechenden Kosten des Klägers zu 2) 20 %; im Übrigen tragen die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.792,26 EUR festgesetzt, davon entfallen auf die Klägerin zu 1) 2.499,66 EUR und auf den Kläger zu 2) 4.292,60 EUR.
Gründe
I. Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Durch das Urteil ist der Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin zu 1) rückständigen Kindesunterhalt für die Monate Dezember 2004 bis einschließlich Februar 2005 i.H.v. insgesamt 852 EUR nebst Zinsen zu zahlen, ferner Unterhalt für den Zeitraum von März 2005 bis einschließlich 26.8.2005 i.H.v. insgesamt 1.647,66 EUR, ferner an den Kläger zu 2) für die Monate Dezember 2004 bis einschließlich Februar 2005 i.H.v. insgesamt 852 EUR nebst Zinsen, für die Zeit von März bis einschließlich August 2005 i.H.v. insgesamt 1.694,60 EUR und ab September 2005 i.H.v. 100 % des jeweiligen Regelbetrages der dritten Altersstufe gem. § 1 der Regelbetragverordnung abzgl. des gem. § 1612b Abs. 1 und 5 BGB anrechenbaren Kindergeldes. Die weitergehende Klage ist abgewiesen worden.
Gegen das ihm am 13.4.2006 zugestellten Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 4.5.2006 bei Gericht eingegangenen Berufung, die er mit am 13.6.2006 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Der Beklagte hat seine Arbeitsstelle bei Dr. zum 31.5.2006 verloren. Vom 1.4. bis zum 31.8.2006 hat er Arbeitslosengeld bezogen, seit dem 1.9.2006 hat er eine neue Arbeitsstelle in Salzgitter.
Der Beklagte ist weiter der Ansicht, dass er wegen des erheblich höheren Einkommens der Kindesmutter den Klägern keinen Kindesunterhalt schulde. Er meint, auf seiner Seite seien berufsbedingte Aufwendungen i.H.v. 5 % des Nettoeinkommens zu berücksichtigen. Die Kindesmutter erziele ein mindestens viermal so hohes Einkommen und verfüge darüber hinaus über erhebliche Vermögenswerte in Form der Arztpraxis und des von ihr und den Kindern bewohnten Hauses. Der Wohnwert für dieses Haus sei mit 950 EUR anzusetzen, die Zinszahlungen für einen ...