Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten um den Unterhalt für ihre in den Jahren 1992 und 1995 geborenen gemeinsamen Kinder, die im Haushalt ihrer Mutter lebten. Zentrales Problem der Entscheidung war die Höhe des in die Unterhaltsberechnung einzustellenden Nettoeinkommens des Ehemannes sowie die Frage, ob ihm aufgrund des Zusammenlebens mit seiner neuen Partnerin eine Kostenersparnis zugute kommt, die zur Absenkung seines notwendigen Selbstbehalts führt.
Sachverhalt
Die Parteien waren miteinander verheiratet. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1992 und 1995 geborene Kinder hervorgegangen. Beide Kinder wohnten im Haushalt der Klägerin.
Die Klägerin nahm den Beklagten auf Zahlung von Barunterhalt i.H.v. zuletzt 123,42 % des jeweiligen Regelbetrages für beide Kinder in Anspruch. Das erstinstanzliche Gericht gab ihrer Klage im Wesentlichen statt.
Die von dem Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Berufung hatte nur zum Teil Erfolg.
Entscheidung
Das OLG verwies darauf, es sei Sache des Beklagten, seine verminderte Leistungsfähigkeit darzulegen und zu beweisen. Bis zur Höhe des Barexistenzminimums (135 % des Regelbetrages) bzw. des Mindestunterhalts seit dem 1.1.2008 treffe ihn gemäß § 1603 Abs. 2 BGB eine sog. gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Er sei verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden.
Nach diesen Grundsätzen reichten die für den Unterhalt verfügbaren Mittel des Beklagten bis einschließlich Mai 2008 aus, um den vom erstinstanzlichen Gericht für die gemeinsamen Kinder der Parteien festgesetzten Unterhalt sicherzustellen. Erst durch das Hinzutreten eines weiteren Kindes aus der neuen Beziehung des Beklagten trete ein Mangelfall ein.
Der Beklagte sei nicht berechtigt, von seinem Einkommen Kosten für die Benutzung des eigenen Pkw für die Fahrten zum Arbeitsplatz abzusetzen. Eine Notwendigkeit der Pkw-Nutzung sei nicht dargelegt. Der Arbeitsort des Beklagten sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen.
Im Hinblick auf die Geburt des dritten Kindes des Beklagten am 20.5.2008 konkurrierten ab 1.6.2008 drei gleichrangige Kinder um das für Unterhaltszwecke verfügbare Nettoeinkommen. Dies führe dazu, dass der Beklagte ohne Gefährdung seines notwendigen Selbstbehalts nicht mehr in der Lage sei, den von dem erstinstanzlichen Gericht ausgeurteilten Unterhalt zu zahlen.
Das OLG ging von einem bereinigten Nettoeinkommen des Beklagten von 1.608,00 EUR monatlich aus. Nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts von 900,00 EUR ständen danach nur noch 708,00 EUR für den Unterhalt zur Verfügung. Demgegenüber bestehe ein Unterhaltsbedarf der beiden ehelichen Töchter i.H.v. jeweils 288,00 EUR sowie des dritten Kindes des Beklagten i.H.v. 202,00 EUR. Dies ergebe einen Gesamtbedarf von 778,00 EUR, den der Beklagte nur decken könne, wenn sein notwendiger Selbstbehalt mit Rücksicht auf das Zusammenleben mit seiner neuen Partnerin abzusenken sei.
Das OLG folgte insoweit der vom BGH vertretenen Auffassung (XII ZR 170/05, FamRZ 2008, 594), wonach der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen um die durch die gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis höchstens bis auf das Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen herabgesetzt werden könne.
Gleichwohl kam das OLG im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, der notwendige Selbstbehalt des Beklagten sei nicht abzusenken. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass er aufgrund des Zusammenlebens mit der Mutter seines dritten Kindes keine Kostenersparnis habe.
Im Ergebnis sei daher eine Mangelfallberechnung vorzunehmen.
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Urteil vom 29.09.2008, 24 UF 450/07