Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war der von dem Beklagten an seine im Jahr 1997 geborene Tochter zu zahlende Kindesunterhalt. Der Beklagte lehnte unter Hinweis auf fehlende Leistungsfähigkeit jedwede Unterhaltszahlung ab. Nach klageweiser Inanspruchnahme wurde er vom AG verurteilt, ab Februar 2009 monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 160,00 EUR sowie rückständigen Kindesunterhalt in Höhe von 390,00 EUR plus Zinsen zu zahlen.
Gegen dieses Urteil wandte sich der Kläger mit der Berufung und wehrte sich insbesondere gegen die Anrechnung eines fiktiven Einkommens.
Sein Rechtsmittel erwies sich als teilweise begründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Auch das OLG bejahte eine Unterhaltsverpflichtung des Beklagten ggü. der Klägerin, hielt ihn jedoch für nur eingeschränkt leistungsfähig. Über dem notwendigen Selbstbehalt ständen ihm nur Beträge zur Verfügung, die zu einer ggü. dem erstinstanzlichen Urteil reduzierten Unterhaltsverpflichtung führten.
Mit Rücksicht auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit nach § 1603 Abs. 2 BGB könnten bei dem Beklagten nicht seine tatsächlichen Einkommensverhältnisse bei der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt werden.
Für die Zeit seiner Arbeitslosigkeit in den Monaten November und Dezember 2008 sei ihm allerdings kein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit zuzurechnen.
Der Beklagte habe seine Arbeitsstelle bei der Firma L. zum 31.5.2008 durch betriebsbedingte Kündigung verloren. Unterhaltsrechtlich habe keine Verpflichtung bestanden, insoweit Kündigungsschutzklage zu erheben. Darauf, ob sich der Beklagte nach Verlust der Arbeitsstelle ausreichend um eine Neubeschäftigung bemüht habe, komme es hier nicht an.
Er sei von seinem früheren Arbeitgeber, der Firma L. unstreitig zum Sommer wiederholt entlassen und für die Möbelsaison im Winter wieder eingestellt worden. Vor diesem Hintergrund sei es nachvollziehbar und unterhaltsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte dieses Beschäftigungsverhältnis nicht auf Dauer aufrechterhalten wollte und nach der Kündigung zum 31.5.2008 nicht auf eine Wiedereinstellung im selben Betrieb gewartet habe. Da er seit vielen Jahren nicht mehr im erlernten Beruf als Tischler, sondern als Montagearbeiter im Möbelhandel tätig gewesen sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass er bei gehörigen Erwerbsbemühungen eine Stelle als Tischler mit einem entsprechenden Tariflohn hätte finden können. Vor diesem Hintergrund sei es unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar, dass der Beklagte in Abstimmung mit dem Arbeitsamt und durch diese gefördert in der Zeit von Juli bis Dezember 2008 eine Umschulung zum Mitarbeiter im Sicherheitsgewerbe absolviert habe.
Mit Rücksicht auf die unterhaltsrechtlich hinzunehmende Umschulung zum Mitarbeiter im Sicherheitsgewerbe seien auch die Erwerbseinkünfte, die der Beklagte als Mitarbeiter in diesem Bereich ab Januar 2009 bei der Firma S. erzielt habe, der Unterhaltsberechnung zugrunde zu legen. Bei der Frage, in welchem Umfang berufsbedingte Aufwendungen vom Erwerbseinkommen abzusetzen sind, sei auch die Höhe der Erwerbseinkünfte von Bedeutung. Werde ein eher niedriges Erwerbseinkommen erzielt, sei der Unterhaltsschuldner - gerade bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit nach § 1603 Abs. 2 BGB - verpflichtet, die berufsbedingten Aufwendungen möglichst gering zu halten. Seien die Fahrtkosten von der Wohnung zur Arbeitsstätte sehr hoch, könne der Unterhaltsschuldner insbesondere verpflichtet sein, näher an die Arbeitsstätte heranzuziehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.1998 - XII ZR 117/96 -, FamRZ 1998, 1501, 1502). Das OLG hielt den Beklagten im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Höhe seiner Erwerbseinkünfte von ca. 1.073,00 EUR monatlich für verpflichtet, nahe an die Arbeitsstätte heranzuziehen. Anerkennenswerte Ortsbindungen des Beklagten, die einem Umzug hätten entgegenstehen können, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Dies gelte jedenfalls für die Zeit nach Ablauf der 6 Monate dauernden Probezeit. Erst zu diesem Zeitpunkt setze die Pflicht, sich um eine Wohnung an seinem Arbeitsplatz zu kümmern.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 09.11.2010, 10 UF 3/10