Leitsatz
Vater und Tochter stritten über den Kindesunterhalt für die Zeit vom 1.4.2001 bis zum 5.4.2005. Es ging in dem Rechtsstreit primär um die Frage, welchen Einfluss es auf die Unterhaltsverpflichtung des barunterhaltspflichtigen Elternteils hat, dass die Einkünfte des betreuenden Elternteils mehr als doppelt so hoch sind wie die des barunterhaltspflichtigen Elternteils.
Sachverhalt
Vater und Tochter stritten sich über den Kindesunterhalt für die Zeit vom 1.4.2001 bis zum 5.4.2005. Die im Jahre 1987 geborene Klägerin war Schülerin und stammte aus der geschiedenen Ehe des Beklagten mit ihrer Mutter, in deren Haushalt sie lebte. Der Beklagte arbeitete als Zimmermann und war zeitweise in den Niederlangen angestellt. Die Mutter der Klägerin war vollschichtig bei der Firma EKO Stahl in Eisenhüttenstadt beschäftigt.
Die Klägerin verlangte rückständigen und laufenden Kindesunterhalt ab April 2001. Das AG hat den Beklagten für die Zeit vom 1.4.2001 bis zum 5.4.2005 (dem Tag des Eintritts der Volljährigkeit der Klägerin) zur Zahlung von Unterhaltsbeträgen in wechselnder Höhe verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Gegen dieses Urteil richtete sich die Berufung des Beklagten, die zum großen Teil Erfolg hatte.
Entscheidung
Das OLG kam entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts zu dem Ergebnis, der Beklagte sei in dem Zeitraum vom 1.4.2001 bis zum 4.5.2005 nur zeitweise und nur teilweise verpflichtet, zum Barunterhalt der Klägerin beizutragen. Im Übrigen müsse gem. § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB die Mutter für den Unterhalt aufkommen.
Für das Jahr 2001 errechnete das OLG für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehende Einkünfte des Beklagten i.H.v. 818,00 EUR monatlich, für das Jahr 2002 1.481,00 EUR monatlich und für das Jahr 2003 1.070,00 EUR durchschnittlich im Monat.
Ab Januar 2004 hat es dem Beklagten unterhaltsrechtlich ein fiktives Einkommen zugerechnet mit der Begründung, aufgrund der Befristung der vorher von ihm ausgeübten Tätigkeit bis zum 31.8.2003 habe er sich frühzeitig - jedenfalls ab Mitte 2003 - um eine Anschlussarbeit kümmern müssen. Insoweit fehle es an hinreichenden Bemühungen. Der Beklagte müsse sich zumindest die vorher im Jahre 2003 von ihm ermittelten durchschnittlichen monatlichen Einkünfte von 1.070,00 EUR fiktiv zurechnen lassen.
Zu addieren seien im Übrigen die ihm zugeflossenen Steuererstattungen, insgesamt ergaben sich nach Auffassung des OLG für die Zeit ab Januar 2004 bereinigte Gesamteinkünfte des Beklagten von 1.232,00 EUR im Monatsdurchschnitt.
Im Übrigen folgte das OLG zumindest partiell dem Einwand des Beklagten, eine verschärfte Unterhaltsverpflichtung gem. § 1603 Abs. 3 S. 3 BGB entfalle im streitigen Anspruchszeitraum, da die die minderjährige Tochter betreuende Mutter als andere leistungspflichtige Verwandte im Sinne dieser Vorschrift in Betracht komme.
Das OLG verwies auf die Rechtsprechung des BGH, wonach der das Kind betreuende Elternteil ausnahmsweise selbst dann, wenn bei Inanspruchnahme des anderen Elternteils dessen angemessener Selbstbehalt nicht gefährdet würde, dazu verpflichtet sei, zusätzlich zu seiner Betreuungsleistung zum Barunterhalt des Kindes beizutragen. Dies sei dann anzunehmen, wenn anderenfalls ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern auftreten würde (BGH v. 7.11.1990 - XII ZR 123/89, MDR 1991, 643 = FamRZ 1991, 182 [183]; v. 20.3.2002 - XII ZR 216/00, BGHReport 2002, 461 m. Anm. Kühner = MDR 2002, 883 = FamRZ 2002, 742; v. 29.10.2003 - XII ZR 115/01, BGHReport 2004, 19 = MDR 2004, 942 = FamRZ 2004, 24 [25]).
Danach könne für den betreuenden Elternteil je nach den Umständen die Verpflichtung bestehen, den Barunterhalt für das Kind in voller Höhe oder zumindest teilweise zu übernehmen, wodurch sich auf der anderen Seite die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils ermäßigen oder sogar ganz entfallen könne.
Nach den Feststellungen des OLG hatte die betreuende Mutter im streitbefangenen Unterhaltszeitraum in den Jahren 2001 bis einschließlich 2003 bereinigte monatliche Einkünfte von 2.278,00 EUR und ab Januar 2004 solche von 2.258,00 EUR monatlich erzielt. Ob im Hinblick auf die unterschiedlich hohen Einkünfte der Eltern ein "erhebliches finanzielles Ungleichgewicht" vorliege und wie gegebenenfalls der Barunterhalt zwischen ihnen aufzuteilen sei, sei in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
Von einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht sei jedenfalls dann auszugehen, wenn das Einkommen des betreuenden Elternteils mindestens doppelt so hoch sei wie das des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils. Danach sei davon auszugehen, dass für die Jahre 2001 und 2003 von einem erheblich geringeren Einkommen des Beklagten auszugehen sei und er zur Zahlung von Barunterhalt in diesen Jahren nicht herangezogen werden könne. Für die Jahre 2002, 2004 und 2005 sei von einer anteiligen Mithaftung des Beklagten auszugehen.
Die sog. Subsidiaritätsregelung des § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB solle das unterhaltsberechtigte Kind nicht besser ...