Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob und auf welchem prozessualen Wege der Unterhaltsberechtigte höheren Unterhalt geltend machen kann, als im Vorverfahren antragsgemäß ausgeurteilt wurde.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren getrennt lebende Eheleute. Die gemeinsamen Kinder lebten bei der Klägerin, die den Beklagten bereits im Jahre 2008 auf Unterhalt für die Kinder in Anspruch genommen hatte. Mit ihrer im August 2008 eingereichten Klage hatte sie für die Kinder den Mindestunterhalt geltend gemacht und hierfür zunächst Prozesskostenhilfe begehrt, die ihr für die Inanspruchnahme des Beklagten auf monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. insgesamt 232,00 EUR bewilligt wurde. Dementsprechend hat die Klägerin sodann die Klage rechtshängig gemacht. In der mündlichen Verhandlung vom 10.2.2009 hat das FamG die Parteien darauf hingewiesen, dass jedenfalls mit Wirkung ab 1.3.2009 ein höherer Unterhaltsanspruch der Kinder gerechtfertigt sei. Daraufhin hat die Klägerin im Termin der Berechnung des FamG folgend beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. insgesamt 380,00 EUR zu zahlen.

Der Beklagte wurde daraufhin antragsgemäß verurteilt.

Das AG hat den Unterhalt der Kinder mit insgesamt 516,00 EUR errechnet, der Klägerin jedoch lediglich den von ihr insgesamt beantragten Betrag von 380,00 EUR monatlich zugesprochen.

Im Mai 2009 hat die Klägerin erneut Klage eingereicht, mit der sie von dem Beklagten über die durch Urteil des FamG vom 1.3.2009 ausgesprochenen Unterhaltsbeträge hinaus weiteren Unterhalt für die Kinder begehrte. Dem darauf gerichteten Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin wurde in vollem Umfang stattgegeben. Den von dem Beklagten zur Rechtsverteidigung gestellten Prozesskostenhilfeantrag hat das FamG zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass im vorausgegangenen Verfahren der Unterhalt unstreitig zu niedrig berechnet worden sei. Allen Beteiligten sei seinerzeit bewusst gewesen, dass die Klägerin den sich aus dem Einkommen des Beklagten ergebenden Unterhalt für die Kinder verlange und nicht auf einen Teil des Unterhalts verzichten wolle. Unter diesen Umständen stelle sich das Verhalten des Beklagten als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin gemäß § 826 BGB dar. Es liege ein Fall eines Urteilsmissbrauchs vor.

Hiergegen wandte sich der Beklagte mit der Beschwerde.

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde des Beklagten für begründet, da seine Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

Entgegen der Auffassung des FamG liege hier kein Fall eines Urteilsmissbrauchs durch den Beklagten vor.

Ihm könne auch seine fehlende Bereitschaft, einen über den im Vorprozess titulierten Unterhalt hinausgehenden weiteren Unterhalt zu zahlen, nicht zum Vorwurf gemacht werden. Dass der Klägerin im Vorverfahren ihrem Antrag entsprechend weniger zugesprochen sei, als ihr an sich zustände, habe nicht der Beklagte, sondern allein die Klägerin zu verantworten.

Es sei allein Sache der anwaltlich vertretenen Klägerin gewesen, den ihr materiell zustehenden Unterhalt zu errechnen und ggf. die im Termin vorgestellte Berechnung des FamG zu überprüfen.

Die von der Klägerin nunmehr erhobene Zusatzklage sei unzulässig und komme nur dann in Betracht, wenn der Kläger im ersten Verfahren nur eine Teilklage erhoben habe. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Die Klägerin habe im Vorprozess ersichtlich nicht einen Teilbetrag des geschuldeten vollen Unterhalts, sondern Unterhalt in zu geringer Höhe verlangt und könne daher den von ihr begehrten weiteren Unterhalt nicht im Wege der Zusatzklage geltend machen (vgl. BGH, FamRZ 1987, 457; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 323 Rz. 18; s. auch Roth,. NJW 1988, 1233). Einer Zusatzklage stehe hier die Rechtskraft des Urteils aus dem Vorprozess entgegen.

Auch im Wege einer Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO könne die Klägerin keinen weiteren Unterhalt für die Kinder beanspruchen. Eine Korrektur des Urteils könne sie erst dann durchsetzen, wenn eine wesentliche Änderung der für die Höhe der Unterhaltsbeträge maßgebenden Verhältnisse eingetreten sei. Ob diese Voraussetzung vorliege, richte sich nach dem Unterhaltsanspruch, welcher der Klägerin bzw. den Kindern nach der Entscheidung im Vorprozess an sich zugestanden habe. Die Klägerin könne dementsprechend Abänderung des Urteils nur verlangen, wenn sich der im Vorprozess festgestellte Unterhaltsanspruch von insgesamt 561,00 EUR wegen veränderter Verhältnisse in nicht unerheblichem Maße erhöht habe. Danach könne die Klägerin auch mit einem Abänderungsbegehren keinen Erfolg haben.

 

Link zur Entscheidung

OLG Bremen, Beschluss vom 04.05.2010, 4 WF 44/10

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