Leitsatz
Gänzlich zerstrittene Eheleute lebten mit ihren drei Kindern in der räumlich sehr beengten Ehewohnung. Die Ehefrau begehrte die alleinige Zuweisung der Ehewohnung an sich. Das OLG Brandenburg hat sich in dieser Entscheidung mit den Voraussetzungen für die Zuweisung der Ehewohnung an den betreuenden Elternteil im Hinblick auf die Kindeswohlgefährdung aufgrund der erbitterten Auseinandersetzungen der Eheleute auseinandergesetzt.
Sachverhalt
Das erstinstanzliche Gericht hatte mit Beschluss vom 27.1.2010 nach mündlicher Erörterung im Wege der einstweiligen Anordnung die bisherige Ehewohnung der Parteien der Antragstellerin für die Zeit der Trennung zur alleinigen Nutzung zugewiesen. Zur Begründung hat das AG auf erbitterte Auseinandersetzungen der Parteien innerhalb der räumlich sehr beengten Ehewohnung abgestellt, die sich in erheblicher Weise nachteilig insbesondere auf das Wohl der drei im Haushalt lebenden Kinder auswirkte.
Gegen diesen Beschluss wandte sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und stellte nennenswerte Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen in Abrede.
Sein Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde für zulässig, jedoch insgesamt für unbegründet und daher ohne Erfolg.
Das AG habe mit zutreffender Begründung festgestellt, dass ein erträgliches Nebeneinander der Parteien mit den zwei gemeinsamen Kindern und der Tochter der Antragstellerin in der nur 66 qm großen Ehewohnung seit der Trennung im November 2009 nicht mehr möglich und insbesondere aus Gründen des Kindeswohls eine räumliche Trennung im Wege einer Wohnungszuweisung dringend erforderlich sei.
Die Antragstellerin habe dezidiert eine Vielzahl einzelner Vorfälle geschildert, die Zeugnis ablegten von sehr heftigen verbalen Auseinandersetzungen der Parteien, insbesondere im Zusammenhang mit sehr differierenden Vorstellungen über die Erziehung und Behandlung der im Haushalt lebenden drei Kinder im Alter von knapp acht Jahren, knapp vier Jahren und rund 2 1/2 Jahren. Diesem Vorbringen sei der Antragsgegner nur sehr pauschal und im Übrigen teilweise auch widersprüchlich entgegengetreten.
Es komme letztendlich nicht entscheidend darauf an, welcher getrennt lebende Ehepartner welchen Beitrag zu den dauernden Streitigkeiten geleistet habe. Es sei nicht erforderlich, dass das Fehlverhalten ausschließlich vom anderen Ehepartner ausgehe. Die Zuweisung an einen Ehepartner sei tatsächlich selbst dann möglich, wenn die Auseinandersetzungen nicht überwiegend auf das Verhalten des anderen zurückzuführen seien.
Im konkreten Fall stelle der Antragsgegner nicht ernstlich in Abrede, dass das "Zusammenleben" bzw. eher das Nebeneinander der Parteien seit der Trennung von Streitigkeiten und Auseinandersetzungen geprägt gewesen ist. Er werde allerdings wenig konkret.
Die wechselseitigen schwerwiegenden auch persönlichen Vorwürfe der Parteien gegeneinander legten ein deutliches Zeugnis darüber ab, dass entgegen der Darstellung des Antragsgegners keineswegs ein nahezu harmonisches Nebeneinander der Parteien in der Ehewohnung möglich sei. Das AG habe sich in dem Anhörungstermin einen persönlichen Eindruck von den Parteien verschafft und ausgeführt, dass sie zu einer vernünftigen Kommunikation selbst im Rahmen einer Gerichtsverhandlung nicht in der Lage seien.
Es komme hinzu, dass zum Wohl der im Haushalt lebenden drei Kinder eine nachhaltige räumliche Trennung der Parteien dringend geboten sei.
Der Gesetzgeber habe jedenfalls in § 1361b Abs. 1 S. 1 BGB die Beeinträchtigung des Kindeswohls als einen Tatbestand für das Vorliegen einer unbilligen Härte ausdrücklich erwähnt und schon dadurch zu einem besonderen - vorrangig zu berücksichtigenden - Kriterium erhoben. Seien danach von der Wohnungszuweisung Kinder betroffen, hätten ihre Belange grundsätzlich Priorität bei der Billigkeitsabwägung.
Im vorliegenden Fall ging das OLG aufgrund der von der Antragstellerin geschilderten und von dem Antragsgegner nicht ernsthaft bestrittenen Vorfällen davon aus, dass der Alltag in der Ehewohnung tatsächlich von häufigen offenen Auseinandersetzungen verbaler Art zwischen den Parteien geprägt war. Außerdem könnten gesundheitliche oder seelische Störungen bei den Kindern nicht nur durch verbale oder tätliche Auseinandersetzungen, sondern auch durch eine spannungsgeladene Atmosphäre ausgelöst werden.
Zum Wohl der im Haushalt lebenden Kinder sei die von Misstrauen, gegenseitigen Schuldvorwürfen und Ablehnung geprägte häusliche Atmosphäre durch die erfolgte Wohnungszuweisung aufzulösen. Die Zuweisung an die Antragstellerin folge zum einen daraus, dass der Antragsgegner schon in der Vergangenheit signalisiert habe, tatsächlich ausziehen zu wollen. Im Übrigen stehe derzeit fest, dass jedenfalls die Tochter der Antragstellerin weiterhin ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt der Kindesmutter haben werde. Für die gemeinsamen Kinder der Parteien lasse sich dies derzeit nicht verlässlich feststellen. Allerdings beständen nach Aktenlage jedenfalls derzeit keine greif...