Leitsatz
Das im Jahre 2004 geborene Kind stammte aus der nichtehelichen Beziehung der Kindeseltern, die sich ca. sechs Monate nach seiner Geburt trennten. Seither lebte das Kind im Haushalt der sorgeberechtigten Kindesmutter. Im Juli 2008 beantragte das Jugendamt beim FamG, der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitsfürsorge und das Recht zur Beantragung öffentlicher Mittel nach dem SGB VIII als Teilrechte der Personensorge zu entziehen. Dies unter Hinweis auf die psychische Auffälligkeit der Kindesmutter, die sich aggressiv verhalte und Unterstützung in Form einer Familienhilfe ablehne.
Die vom FamG beauftragte Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, dass keine Kindeswohlgefährdung vorliege, die aktuell eine erneute Herausnahme des Kindes aus dem mütterlichen Haushalt notwendig mache. Zugleich hat die Sachverständige den Erwerb positiv korrigierender Beziehungs- und Bindungserfahrungen des Kindes als erforderlich bezeichnet und der Kindesmutter für eine weitere, günstige Entwicklung des Kindes und der Mutter-Kind-Beziehung neben einer psychotherapeutischen Maßnahme und der Teilnahme an weiteren Programmen dringend empfohlen, ein spezifisches Beratungsangebot mit integrierter videogestützter Interaktionsdiagnostik in Anspruch zu nehmen.
Mit Beschluss vom 14.8.2009 hat das FamG sodann der Kindesmutter die Auflage erteilt, an einer videogestützten Interaktionsdiagnostik bei der Erziehungsberatungsstelle teilzunehmen. Zugleich hat es ihr eine Frist und drei Wochen gesetzt, die Anmeldung dort nachzuweisen.
Gegen den Beschluss richtete sich die Beschwerde der Kindesmutter, die zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führte.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt - eine Kindeswohlgefährdung unterstellt - die auf § 1666 Abs. 3 Nr. 1 BGB gestützte Maßnahme für unverhältnismäßig, da sie zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung nicht geeignet sei. Die fehlende Eignung ergebe sich zum einen daraus, dass die Mutter die Zusammenarbeit mit der Erziehungsberatungsstelle ablehne. Zum anderen könne die bloße Diagnostik nicht zu einer Verbesserung der Situation des Kindes führen. Erforderlich sei vielmehr nach dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten eine Beratung, in die die Diagnostik integriert werde. Darüber hinaus sei die Anordnung zu unbestimmt. Grundsätzlich müsse für die Eltern als Adressaten einer familiengerichtlichen Anordnung erkennbar sein, welches Ziel diese verfolgte, welche Handlungen oder Unterlassungen innerhalb welchen ungefähren Zeitraums in etwa von ihnen verlangt werde und was hinsichtlich der inhaltlichen und praktischen Ausgestaltung der Maßnahme ungefähr auf sie zukomme. Diesen Anforderungen genüge die Anordnung des AG nicht, da die die videogestützte Interaktionsdiagnostik betreffenden Einzelheiten wie Ort und Dauer nicht bestimmt seien.
Link zur Entscheidung
OLG Bremen, Beschluss vom 02.11.2009, 4 UF 83/09