Rz. 53
Während § 537 Abs. 1 Satz 1 a. F. zur Berechnung der Minderung auf die kaufrechtlichen Vorschriften der §§ 472, 473 verwies, spricht das Gesetz jetzt von einer angemessen herabgesetzten Miete. Richtigerweise wird in der amtlichen Begründung darauf hingewiesen, dass diese Regelung unpraktikabel war, die Rechtsprechung regelmäßig mit geschätzten Prozentsätzen gearbeitet hat. Eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung ist also nicht angezeigt.
Änderung der bisherigen Rechtsprechung ist also nicht angezeigt. Wegen der verschiedenen Mietstrukturen bestand Streit, ob Bemessungsgrundlage die Nettokalt-, Bruttokalt- oder die Bruttowarmmiete ist. Dabei bezog sich die Diskussion darauf, ob sich die Minderung auch auf die geschuldeten Betriebskostenanteile oder -vorschüsse und darüber hinaus auch auf die Heiz- und Warmwasserkostenvorschüsse bezieht.
Höchstrichterlich ist der Streit jetzt erst einmal beendet: Mit Urteil v. 6.4.2005, XII ZR 225/03, GE 2005, 666, hat der BGH entschieden: Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 ist die Bruttomiete (Mietzins einschließlich aller Nebenkosten). Dabei ist unerheblich, ob die Nebenkosten als Pauschale oder Vorauszahlung geschuldet werden. Im Anschluss daran hat der VIII. Senat des BGH entschieden (Urteil v. 20.7.2005, VIII ZR 347/04, GE 2005, 1120), dass die Bruttomiete auch für die Minderung wegen Wohnflächendifferenz anhand der Betriebkostenabrechnung für den Zeitraum zu berechnen ist, auf den sich auch die Minderung bezieht (Bieber in GE 2006, 687). Eine eventuelle Nachforderung des Vermieters ist dadurch zu berechnen, dass die vom Mieter im Abrechnungsjahr insgesamt geleisteten Zahlungen der von ihm geschuldeten Gesamtjahresmiete (Jahresbetrag der Nettomiete zzgl. der abgerechneten Betriebskosten abzüglich des in dem betreffenden Jahr insgesamt gerechtfertigten Minderungsbetrages) gegenübergestellt werden. Bei berechtigter Minderung, die sich auf die Bruttomiete bezieht, kann erst aufgrund der Jahresabrechnung der Betriebskosten abschließend ermittelt werden, ob hinsichtlich der Gesamtmiete unter Berücksichtigung der gerechtfertigten Minderung noch eine Nachforderung des Vermieters oder ein Guthaben des Mieters besteht (BGH, Urteil v. 13.4.2011,VIII ZR 223/10, WuM 2011, 284). Der Mieter der deswegen die volle Miete zahlt, sollte deswegen unter dem Vorbehalt leisten, dass nach Vorlage der maßgeblichen Betriebskostenabrechnung die von ihm geltend gemachte Mietminderung zu berücksichtigen ist, sowohl bei der Berechnung einer etwaigen Nachzahlungsforderung des Vermieters als auch bei der Berechnung eines etwaigen Guthabens wegen infolge der Minderung überzahlter Miete.
Zur Berechnung der Minderung im Einzelnen sind folgende Kriterien maßgeblich:
- Art und Umfang der Beeinträchtigung für den vertragsgemäßen Gebrauch
- zeitlicher Umfang des Mangels
- Berücksichtigung der Jahreszeit (BGH XII ZR 132/09, GE 2011, 542)
- baulicher oder optischer Mangel
- flächenmäßiger oder quantitativer Anteil der vom Mangel betroffenen Räume
- gesteigerte Qualitätsansprüche des Mieters im Hinblick auf die vereinbarte Miethöhe
(vgl. zu allem LG Berlin, Urteil v. 9.6.1995, 64 S 256/94, GE 1996, 549 [551]).
Welche Herabsetzung der Miete angemessen ist, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls, in erster Linie nach der Schwere des Mangels, dem Grad und der Dauer der Tauglichkeitsminderung, dem Absinken auf den Mindeststandard bzw. dessen Unterschreiten und der dadurch bewirkten Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache (AG Bremen, Urteil v. 17.05.2024, 17 C 332/22, WuM 2024, 382).
Die Miete ist in demjenigen Verhältnis herabzusetzen, in dem der Gebrauchswert der mangelfreien Mietsache zu dem Wert der mangelhaften Sache steht, was jeweils richterlicher Entscheidungskompetenz unterliegt (LG Berlin, Hinweisbeschluss v. 15.1.2019, 67 S 309/18, GE 2019, 319; Urteil v. 21.9.2015, 18 S 272/14, GE 2015, 1532). Das Gericht hat die Höhe der Mietminderung anhand der Angaben der Parteien gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht einzelne Prozentsätze für jeden Mangel anzusetzen und dann zu addieren sind, sondern für den jeweiligen Zeitraum ein Minderungsprozentsatz für sämtliche vorhandenen Mängel anzusetzen ist (LG Berlin, Urteil v. 21.9.2015, 18 S 272/14, GE 2015, 1532).
Mangel von Vermieter und Mieter zu vertreten
Beruht der Mangel der Mietsache (hier: fehlende Genehmigungsfähigkeit von Umbaumaßnahmen des Mieters für die Eröffnung eines Ladengeschäfts) sowohl auf vom Vermieter als auch vom Mieter zu vertretenden Umständen, ist die Miete um 50 % gemindert (KG, Urteil v. 16.3. 2023, 8 U 76/21, GE 2023, 1193).
In der Literatur wird – vor allem von Sachverständigenseite – eine formalisierte Berechnungsweise vorgeschlagen (vgl. dazu auch die Versuche zur Bewertung des technischen und merkantilen Minderwerts bei der Beschädigung von Pkw nach Unfall), was vordergründig zur Vereinfachung und zur Klarheit, möglicherweise auch zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeit...