Harald Kinne, Klaus Schach
Rz. 6
Der bisherige § 545 Abs. 2 a. F. wird in § 536c Abs. 2 in zwei Sätze aufgeteilt. Im Satz 1 ist durch Einfügung der Worte "dem Vermieter" klargestellt, dass nur der Vermieter aus der Unterlassung der Anzeige einen Schadensersatzanspruch gegen den Mieter geltend machen kann, nicht aber zum Beispiel andere Mieter als Dritte. § 536c Abs. 2 Satz 2 enthält wie bisher die Aufteilung der ausgeschlossenen Gewährleistungsrechte bei unterlassener Anzeige, die aus Gründen der Übersichtlichkeit aber in Nummern angeordnet sind – so die amtliche Begründung.
Gemäß Nr. 1 verliert der Mieter sein Minderungsrecht aus § 536, gem. Nr. 2 seinen Schadensersatzanspruch aus § 536a BGB sowie gem. Nr.3 sein Kündigungsrecht wegen späterer Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs.
3.1 Schadensersatz
Rz. 7
Wie jeder Schadensersatzanspruch setzt auch dieser Verschulden (so auch Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536c Rz. 30) des Mieters und Kausalität voraus. Nach der amtlichen Begründung ist ausdrücklich darauf verzichtet worden, in Abs. 2 für die Rechtsfolgen der Verletzung der Anzeigepflicht durch den Mieter ausdrücklich ein Verschuldenserfordernis einzuführen. Ein solcher Hinweis sei entbehrlich, da nach allgemeiner Meinung die Rechtsfolgen der Verletzung der Anzeigepflicht ohnehin ein Verschulden des Mieters voraussetzten – richtige Schlussfolgerung des Gesetzgebers!
Der Schaden muss gerade durch die unterlassene oder verspätete Anzeige des Mieters eingetreten sein, so dass der Anspruch entfällt, wenn der Schaden auch bei ordnungsgemäßer Anzeige nach § 536c Abs. 1 entstanden wäre; dasselbe gilt, wenn der Vermieter nach verspäteter Anzeige noch hinreichend Gelegenheit zur Schadensabwendung hatte (OLG Düsseldorf, GE 2002, 1262). Der Anspruch geht auf Herstellung des Zustands, der bei ordnungsgemäßer Anzeige durch den Vermieter hätte hergestellt werden können (vgl. BGH, WuM 1987, 349).
Erhaltungspflicht
Die Kosten der eigentlichen Schadensbeseitigung trägt der Vermieter im Rahmen seiner Erhaltungspflicht. Der Mieter hat nur die Mehrkosten zu tragen, die infolge der Verschlimmerung durch die unterbliebene oder nicht rechtzeitige Mängelanzeige entstanden sind und Folgeschäden, die auf den eingetretenen Mangel zurückzuführen sind (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536c Rn. 33: erhöhte Wasserkosten bei einem defekten Druckspüler).
3.2 Rechtsverlust
Rz. 8
Bei entsprechender Kausalität zwischen mangelnder Anzeige und Schaden (vgl. dazu LG Berlin, GE 1996, 322) entfallen die Rechte aus § 536 (Minderung) und das Recht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 536a). Für die Zeit, in der der Vermieter den Mangel ohnehin noch nicht hätte beseitigen können, bleibt das Minderungsrecht des Mieters bestehen. Ferner verliert er das Kündigungsrecht nach § 543 Abs. 3 Satz 1.
Der Rechtsverlust beschränkt sich zeitlich auf die Frist, in der der Vermieter infolge der unterlassenen Anzeige keine Abhilfe schaffen konnte.
Der Mieter behält aber seine Ansprüche aus § 536a Abs. 2 und deliktische Ansprüche (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536c Rn. 35; Palandt/Weidenkaff, § 536c Rn. 10). Ferner kann er sich auch bei unterlassener Mängelanzeige darauf berufen, dass er wegen des Mangels ein Zurückbehaltungsrecht hatte (BGH, Urteil v. 26.3.2003, XII ZR 167/01, ZMR 2003, 416; BGH GE 1997, 1096; a.A. LG Berlin GE 1998, 67). Denn der Erfüllungsanspruch auf Mängelbeseitigung (§ 535 Abs.1 Satz 2) wird - ebenso wenig wie durch § 536b (BGH, Urteil v.18.4.2007, XII ZR 139/05, ZMR 2007, 605) - durch § 536c Abs. 2 ausgeschlossen (Kandelhard, in ZAP-Praxiskommentar Mietrecht, 3. Aufl.2007, § 536c Rn. 10). Wegen eines Mangels der Wohnung, von dem der Vermieter keine Kenntnis hatte, kann der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht allerdings erst an den Mieten geltend machen, die fällig werden, nachdem er dem Vermieter den Mangel angezeigt hat (BGH, Urteil v. 3.11.2010, VIII ZR 330/09, GE 2011, 122).
Untätigkeit nach verspäteter Anzeige
Wird der Vermieter nach der verspäteten Anzeige nicht tätig, verliert der Mieter seine Rechte aus §§ 536, 536a für die Zeit vor der Meldung, behält sie aber für den Zeitraum danach; er kann seine Rechte auch wieder geltend machen, wenn er die Anzeige nachholt, aber der Vermieter den behebbaren Mangel nicht beseitigt (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536c Rn. 36).
3.3 Abweichende Vereinbarungen
Rz. 9
Grundsätzlich sind abweichende Vereinbarungen individual möglich. Aber auch bei einer zulässigen Kleinreparaturklausel (vgl. dazu § 535 Rn. 124c) ist der Wohnraummieter nicht von seiner Anzeigepflicht befreit; bei einer in einem Geschäftsraummietvertrag übernommenen Instandhaltungspflicht tritt an die Stelle der Anzeigepflicht die Pflicht des Gewerberaummieters zur Beseitigung des Mangels (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536c Rn. 39).