Harald Kinne, Hans-Jürgen Bieber
Rz. 10
Der Vermieter muss sich ferner diejenigen Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt. Dazu gehört insbesondere die Eigennutzung der Räume nach vorzeitigem Auszug des Mieters. Den Wert dieser Eigennutzung muss sich der Vermieter auf seinen Mietanspruch anrechnen lassen. Hat der Vermieter die vermieteten, aber vom Mieter aus persönlichen Gründen nicht genutzten Räume in Eigennutzung übernommen, um sie zu modernisieren, erspart er den sonst eintretenden Mietverlust (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter § 537 Rn. 45), so dürfte der Wert der Eigennutzung der bisherigen Miete entsprechen, sodass kein Anspruch des Vermieters mehr besteht. Ist die Wohnung vom Vermieter möbliert vermietet worden, nutzt der Mieter aber diese aus persönlichen Gründen nicht, so muss sich der Vermieter bei Eigennutzung nur die Miete ohne den Möblierungszuschlag anrechnen lassen.
Rz. 11
Benutzt der Vermieter die nicht genutzten Räume nur, um vorübergehend einzelne Gegenstände abzustellen oder kleinere Reparaturen auszuführen, so findet keine Anrechnung statt; benutzt er dagegen die Räume, um über die laufende Instandhaltung hinaus Umbauarbeiten oder größere Instandsetzungsarbeiten durchzuführen (OLG Oldenburg, Urteil v. 1.10.1958, 4 S 91/58, NJW 1959, 340; LG Saarbrücken, Urteil v. 24.4.1978, 13 S 81/78, WuM 1979, 140; AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 30.1.1985, 6 C 673/84, GE 1985, 577 [579]), so muss er sich die dadurch eintretenden Gebrauchsvorteile in Höhe der ortsüblichen Nettokaltmiete für die Wohnung anrechnen lassen. Überlässt der Vermieter die vermieteten Räume vorübergehend kostenlos an Dritte – z.B. vor Mietbeginn an den Nachmieter zur Ausführung von Schönheitsreparaturen (OLG Düsseldorf, ZMR 1985, 89) –, so findet eine Anrechnung nicht statt (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 537 Rn. 44).
Rz. 12
Der Vermieter ist aber nicht verpflichtet, die Räume selbst zu nutzen. Ist keine Ersatzmieterklausel (vgl. dazu unten Rz. 18) vereinbart, braucht er die Mietsache auch nicht weiterzuvermieten. Die unterlassene Weitervermietung kann dann dem Vermieter auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 254 entgegengehalten werden – und zwar auch dann nicht, wenn dem Vermieter die Ersatzvermietung ohne Schwierigkeiten möglich gewesen wäre ((BGH, Urteil v. 18.4.2007, VIII ZR 182/06, GE 2007, 841; OLG Hamm, RE, WuM 1995, 577) –, da der Mietanspruch für die Zeit der aus persönlichen Gründen unterlassenen Nutzung der Mietsache kein Schadensersatzanspruch, sondern ein Erfüllungsanspruch (§ 535 Abs. 2) ist (OLG Düsseldorf, Urteil v. 2.5.1991, 10 U 191/90, NJW-RR 1991, 1143 [1144]; Blank/Börstinghaus, § 537 Rn. 9).
Die Mietvertragsparteien können abweichende Vereinbarungen treffen, jedoch nur individualvertraglich. Eine derartige Vereinbarung könnte darin gesehen werden, dass der Mieter unter Befreiung von der Miete schon früher als vertraglich vorgesehen oder gesetzlich zulässig den Besitz an dem Mietobjekt endgültig aufgibt. Formularvertraglich ist eine vollständige Abbedingung der Anrechnung nicht zulässig, aber eine die Anrechnung pauschalierende Regelung (BGHZ 148, 233 = NZM 2001, 864), die dem Mieter allerdings den Nachweis nicht verwehren darf, dass die ersparten Aufwendungen oder die erlangten Vorteile höher waren als pauschal vereinbart.