Rz. 17
Die mündlich erklärte Kündigung wird wirksam, wenn sie der Empfänger wahrnimmt – dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine mündliche Erklärung überhaupt wirksam ist (§ 568 Abs. 1 gilt nur für die Wohnraummiete).
Die schriftliche Kündigungserklärung, die dem Kündigungsadressaten ausgehändigt wird, erlangt mit der Übergabe Wirksamkeit.
Für den üblichen Weg der schriftlichen Kündigung, die per Brief dem Kündigungsempfänger zugeleitet wird, gilt § 130 Abs. 1; Wirksamkeit tritt mit dem Zeitpunkt des Zugangs ein.
Zugegangen ist die Kündigung, wenn sie in den Bereich des Kündigungsadressaten gelangt ist, dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, von der Kündigung Kenntnis zu nehmen (OLG Rostock, Beschluss v. 24.8.2020, 3 U 18/19, GE 2020, 1559).
Rz. 18
Zum Empfangsbereich des Empfängers gehört u. a. dessen Briefkasten, Postfach und dgl. Urlaub, Krankenhausaufenthalt oder sonstige Ortsabwesenheit in normalem Umfang hindert den Zugang nicht, da der Empfänger durch geeignete Maßnahmen sicherstellen muss, dass er auch von dem Inhalt der in seinen Empfangsbereich gekommenen Sendungen Kenntnis nehmen kann.
Briefe sind mit dem Einwurf in den Briefkasten zugegangen, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Ein in der Nacht eingeworfener Brief geht daher erst am nächsten Morgen zu (vgl. BAG, Urteil v. 8.12.1983, 2 AZR 337/82, NJW 1984, 1651). Bei einem in den Abendstunden eingeworfenen Brief ist fraglich, ob dieser noch am selben Tag zugeht, da nicht üblicherweise damit gerechnet werden kann, dass der Erklärungsempfänger abends noch einmal in den Briefkasten schaut. Wird ein Schriftstück erst am 31.12. nachmittags in den Briefkasten eines Bürobetriebes geworfen, in dem branchenüblich Silvester nachmittags – auch wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt – nicht mehr gearbeitet wird, so geht er erst am nächsten Werktag zu (BGH, Urteil v. 5.12.2007, XII ZR 148/05, NZM 2008, 167).
Bei einem Einschreibebrief ist Vorsicht geboten. Kann nämlich der Postbote den Einschreibebrief nicht anbringen, weil der Empfänger nicht anwesend ist, gilt der Brief als nicht zugegangen, selbst wenn der Postbote einen Benachrichtigungszettel hinterlässt.
Zugang eines Einschreibriefes
Der Zugang des Benachrichtigungsscheines ersetzt nicht einen Zugang des Einschreibebriefes, denn der Empfänger einer Benachrichtigung über die Niederlegung einer Zustellung ist nicht ohne Weiteres gehalten, das für ihn niedergelegte Schriftstück abzuholen (KG Berlin, Beschluss v. 10.6.2010, 8 U 11/10, GE 2011, 133; a. A. LG Freiburg, Urteil v. 1.7.2004, 3 S 317/03, GE 2004, 1232).
Zugegangen ist der Einschreibebrief erst dann, wenn der Erklärungsempfänger den Brief bei der Post abholt. Tut er dies trotz ordnungsgemäßer Benachrichtigung nicht, obwohl ihm das möglich wäre, kann der Brief dann zu dem Zeitpunkt als zugegangen angesehen werden, zu dem der Empfänger den Brief hätte abholen können. Hier müssen allerdings die Grundsätze von Treu und Glauben herangezogen werden, so dass die Beurteilung im Einzelfall schwierig sein dürfte (vgl. BGH, Urteil v. 3.11.1976, VIII ZR 140/75, BGHZ 67, 277; BAG, Urteil v. 15.11.1962, 2 AZR 301/62, NJW 1963, 554; anders bei einem Nachsendeantrag: BGH, Beschluss v. 16.4.1996, VI ZR 362/95, NJW 1996, 1968). Besser ist da schon das Einwurf-Einschreiben. Der Postzusteller übermittelt das Einschreiben wie eine normale Briefsendung und dokumentiert das Einwerfen der Sendung zu Beweiszwecken. Allerdings wird nicht dokumentiert, was in der Sendung enthalten war.
Rz. 19
Die Beweislast für den Zugang der Erklärung trifft denjenigen, der sich auf den Zugang beruft, also den Kündigenden. Die Beweislast erstreckt sich auch auf den Zeitpunkt des Zugehens. In der Praxis treten in diesem Zusammenhang die meisten Probleme auf, weil sowohl auf Vermieter- als auch auf Mieterseite im Prozess oft behauptet wird, eine Kündigung nie erhalten zu haben, der Brief müsse auf dem Postwege verloren gegangen, aus dem Briefkasten entwendet worden sein oder Ähnliches. Der Kündigende kann dann nur beweisen, dass er den Brief zur Post gegeben hat; der weitere Weg bleibt offen. Bestreitet der Mieter die Zustellung einer vom Vermieter erklärten Schriftsatzkündigung, ist deren Zugang nicht durch die in den Gerichtsakten befindliche Postzustellungsurkunde bewiesen, wenn darauf keine Angaben zum Inhalt der zuzustellenden Schriftsätze gesetzt sind und die Geschäftsstelle die Veranlassung der förmlichen Zustellung unterschiedlicher Schriftstücke in den Gerichtsakten zwar vermerkt hat (LG Berlin, Urteil v. 29.11.2016, 67 S 329/16, WuM 2017, 26). In diesen Fällen wird oft der Weg des Einschreibebriefes gewählt, teilweise des Einschreibebriefes mit Rückschein, teilweise als Einwurfeinschreiben. Teilweise wird angenommen, dass bei einer Kündigung mit Einwurfeinschreiben der Beweis des ersten Anscheins für den Zugang der Kündigung spricht, wenn Ein- und Auslieferungsbeleg übereinstimmen und das Zugangsdatum des Auslie...