Rz. 106
Die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs des Mieters ist grundsätzlich nur unter den in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 genannten Voraussetzungen zulässig. Bei Mietverhältnissen über Wohnraum sind zulasten des Mieters abweichende Vereinbarungen unzulässig (§ 569 Abs. 5). Zugunsten des Mieters von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 abweichende Vereinbarungen sind zulässig und häufig in Dauernutzungsverträgen über Genossenschaftswohnungen enthalten; wird dort die Kündigung auf bestimmte Tatbestände des § 543 beschränkt, so kann die Genossenschaft die Wohnung des Genossenschaftsmitglieds nicht nach den übrigen Tatbeständen des § 543 kündigen (LG Berlin, Urteil v. 9.2.1996, 64 S 333/95).
Abweichende Vereinbarungen in Formularverträgen über Gewerberaum können gemäß § 307 unwirksam sein (BGH, Urteil v. 25.3.1987, VIII ZR 71/86, NJW 1987, 2506).
Bei Mietverhältnissen über Wohnraum ist jede zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam (§ 569 Abs. 5 – so schon früher: BGH, Urteil v. 22.3.1989, VIII ZR 154/88, WuM 1989, 293), mithin auch die individualvertragliche Vereinbarung. Auch in Wohnraummietverträgen können jedoch – sowohl formularvertraglich als auch individuell – zugunsten des Mieters abweichende Vereinbarungen über die fristlose Kündigung für jeden Zahlungsverzug getroffen werden (dass z. B. die fristlose Kündigung nur dann zulässig ist, wenn der Mieter mit der Entrichtung der Miete für zwei Monate in Verzug gekommen ist). Der Vermieter kann sich nicht auf die Unwirksamkeit der von ihm aufgestellten Regelung berufen, in der zugunsten des Mieters von der gesetzlichen Regelung abgewichen worden ist (BGH, Urteil v. 25.3.1987, VIII ZR 71/86, NJW 1987, 2506).
Auf Mietverhältnisse über Geschäftsräume sind wegen der Verweisung in § 578 Abs. 1 und 2 nur die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 des § 569 anwendbar, nicht aber dessen Abs. 5, sodass von § 543 abweichende Vereinbarungen ohne Weiteres zulässig sind. Dies gilt zunächst für Regelungen, die die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Vermieters bei Zahlungsverzug des Mieters erschweren (BGH, WuM 1987, 932, 934). Aber auch solche Vereinbarungen, die das Kündigungsrecht des Vermieters erleichtern (Verzug für einen Termin mit einer Monatsmiete, Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, Verletzung der vereinbarten Betriebspflicht; Verstoß gegen ein vereinbartes Konkurrenzschutzgebot), sind – schon im Hinblick auf die Vertragsfreiheit zulässig. Regelungen dieser Art können auch formularvertraglich vereinbart werden, weil die Erweiterung von Kündigungsgründen zulasten des Mieters wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der Geschäftsraummiete gerade nicht widerspricht (vgl. auch BGH, Urteil v. 25.3.1987, VIII ZR 71/86, NJW 1987, 2506). Abweichende Formularklauseln über das Recht zur fristlosen Kündigung müssen die Kündigungsvoraussetzungen klar regeln und dürfen die Kündigung nicht in das Belieben des Vermieters stellen (Schmidt-Futterer/Blank, § 569 Rn. 93).