Rz. 2
Gem. § 555b Nr. 1 i. V. m. § 555d Abs. 1 hat der Mieter nicht nur Maßnahmen zur Einsparung von Endenergie, sondern auch solche zur Einsparung nicht erneuerbarer Primärenergie zu dulden. Die Regelung entspricht teilweise dem bislang geltenden § 554 Abs. 2 Satz 1, so dass insoweit die bisherige Rechtsprechung herangezogen werden kann. Unerheblich ist, ob die Maßnahme den Gebrauchswert der Wohnung verbessert oder finanzielle Vorteile für den Mieter mit sich bringt (AG Berlin-Mitte, Urteil v. 7.9.2021, 8 C 11/19, ZMR 2022, 54). Der Mieter muss die Maßnahme sogar dann dulden, wenn sie zu einer Verschlechterung des Wohnkomforts (vgl. dazu u.a LG Berlin, Urteil v. 10.11.2017, 65 S 151/17, GE 2018, 55, 59) führt (z. B. Verkleinerung der lichten Fenstermaße durch Außenwärmedämmung, verminderter Lichteinfall durch breitere Rahmen der Isolierverglasung).
Da die Energieeinsparung gerade in Bezug auf die Mietsache erfolgen muss, muss sie zumindest wirtschaftlich in sachlichem Zusammenhang mit dem Mietgebrauch stehen, wobei von den Legaldefinitionen der außer Kraft getretenen §§ 3 und 4 ModEnG ausgegangen werden kann (OLG Hamm, RE v. 30.5.1983, 4 RE-Miet 8/82, NJW 1983, 2331). Die Einsparung muss der Mietsache in irgendeiner Weise zugutekommen (Hinz, ZMR 2012, 153, 155). Eine Heizkostenersparnis beim Mieter ist jedoch nicht erforderlich (BGH, Urteil v. 3.3.2004, VIII ZR 149/03, ZMR 2004, 424; Hinz a. a. O.). Bauliche Veränderungen, die nur einem Teil des Wohnhauses dienen und daher nicht allen Wohnungen zu Gute kommt, z. B. die Dämmung von Außenfassaden, die die mit Einzelöfen beheizte Wohnung des Mieters nicht mit umschließen, gehören auch dazu (LG Berlin, Urteil v. 4.7.2017, 63 S 306/16, GE 2017, 1024; a. A. LG Berlin, Urteil v. 9.2.2014, 65 S 56/12, GE 2014,874; Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 555b Rn. 27). Nicht dazu gehören Energieeinsparmaßnahmen, die nur der Allgemeinheit nützen, wie – mit ganz wenigen Ausnahmen – die Stromerzeugung durch Photovoltaikanlagen und Windräder. Dagegen ist bei Sonnekollektoren der Bezug zur Mietsache vorhanden, weil die aus der Sonneneinstrahlung gewonnene Energie unmittelbar genutzt wird (Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 555b Rn. 28).
Die Maßnahmen sind zudem nur duldungspflichtig, wenn sie nachhaltig Energie einsparen. Nach der Rspr. des BGH (BGH, Beschluss v.10.4.2002, VIII ARZ 3/01, ZMR 2002, 503; BGH, Urteil v. 3.3.2004,VIII ZR 149/03, ZMR 2004,424; BGH, Urteil v. 3.3.2004, VIII ZR 151/03, WuM 2004, 288) bedeutet nachhaltig messbar und dauerhaft. Jedoch ist eine Einsparung von Primärenergie nicht messbar, sondern nur anhand von wertenden Faktoren berechenbar. Der bisherige Begriff der Nachhaltigkeit dürfte daher dahingehend neu zu definieren sein, dass die Einsparung dauerhaft sein muss (für preisgebundenen Wohnraum: BGH, VIII ZR 151/03, WuM 2004, 288; für sämtliche Räume: Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 555b Rn. 26 ; Hinz ZMR 2012,153, 154).
2.1 Einsparung von Endenergie
Rz. 3
Endenergie i. S. d. Nr. 1 ist nicht nur die Menge an Energie, die für die Bereitstellung der vom Verbraucher eigentlich gewünschten Energiedienstleistung benötigt wird(Nutzenergie), sondern auch die Energie, die wegen der Verluste an der Heizungsanlage (Umwandlungsverluste und Verluste durch das Leistungssystem) benötigt wird. Der Begriff ist also weiter als derjenige der Nutzenergie, also derjenigen Energie, die für eine bestimmte Energiedienstleistung am Ort des Verbrauchs (Wärme oder Warmwasser) erforderlich ist (vgl. dazu auch Klinski, WuM 2012,354 [356]).
Eine nachhaltige Einsparung von Endenergie liegt schon dann vor, wenn die Maßnahme dauerhaft wirkt und bei im Übrigen unveränderter bestimmungsgemäßer Nutzung der Mieträume zu einer messbaren Reduzierung des Energieverbrauchs führt (LG Berlin, Urteil v. 12.12.2018, 64 S 119/17, GE 2021, 1260). Der Begriff Endenergie beschreibt im Regelfall die verbrauchte fossile Energie, aber auch zu bezahlende erneuerbare Energie, wie bspw. Holzpellets (Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 555b Rn. 19). Endenergie wird dadurch gespart, dass weniger Nutzenergie verbraucht wird, wie bei Wärmedämmung, Fensteraustausch oder der Installation von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung oder dadurch, dass die Nutzenenergie effizienter zur Verfügung gestellt wird wie bei der Modernisierung des Heizkessels, der Verringerung des Wärmeverbrauchs zwischen Heizkessel und den Heizkörpern. Zu den Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz gehören auch solche, die im Heizungssektor von bestimmten Dienstleistern (Contractoren) angeboten werden (Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 555b Rn. 24).
2.1.1 Wärmedämmung
Rz. 4
Zu den Maßnahmen zur Einsparung von Endenergie gehört die Wärmedämmung von Fenstern, Außentüren, Außenwänden (LG Berlin, Urteil v. 21.12.2021, 63 S 94/20, GE 2022, 361; LG Berlin, Urteil v. 24.3.2020, 63 S 56/15, GE 2020, 1626; LG Berlin, Urteil v. 5.1.2018, 65 S 100/17, GE 2019, 322; LG Berlin, Urteil v. 13.12.2016, 63 S 195/16, GE 2017, 175; LG Hamburg, Urteil v. 11.9.2009, 311 S 106/08, ZMR 2010, 120; AG München, Urteil v. 3...