1 Allgemeines
Rz. 1
Die neue Vorschrift, die sowohl auf Wohn- als auch auf Gewerberaummietverhältnisse (§ 578 Abs. 2 Satz 1) anwendbar ist (Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 555b Rn. 7), definiert die Tatbestände duldungspflichtiger Modernisierungsmaßnahmen. Jede der in Ziff. 1-7 des § 555b formulierten Modernisierungsmaßnahme ist eine solche, auch wenn damit eine Verschlechterung an anderer Stelle einhergeht.
Sparen von Endenergie entscheidend
Spart der Vermieter somit durch eine Maßnahme Endenergie ein und bedingt diese bauliche Veränderung zugleich eine Verschlechterung des Gebrauchswertes an anderer Stelle oder führt die Maßnahme gleichzeitig zu einer Verschlechterung der allgemeinen Wohnverhältnisse, ändert dies an der Qualifizierung der Maßnahme als energetische Modernisierung grundsätzlich nichts.
Unter Umständen kann der Mieter nach § 555d Abs. 2 oder nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Maßnahme verweigern, wenn die nachfolgende Beeinträchtigung unzumutbar erscheint (Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 555b Rn. 9.).
Wie bisher muss es sich um sind bauliche Veränderungen der Mietsache handeln. Die bauliche Maßnahme kann sich auf die Wohnung selbst, das Haus oder das Hausgrundstück beziehen. Ein Eingriff in die bauliche Substanz des Gebäudes muss jedoch nicht in jedem Fall vorliegen, sodass auch der Austausch von technischen Ausstattungen, die nicht jederzeit wieder entfernt werden können, als Modernisierung angesehen werden können (RegEntw- Begründung BT-Drucks. 17/10485 S. 18).
Die bauliche Maßnahme darf aber nicht so weitreichend sein, dass ihre Durchführung den Charakter der Mietsache grundlegend verändern würde (BGH, Beschluss v. 21.11.2017, VIII ZR 28/17, GE 2018, 49), wie z. B. bei Ausbau des Dachbodens u. a. durch Beplankung der Dachschrägen im Trockenbau oder Ausbau eines sog. Kriechkellers zur Schaffung eines neuen Hauswirtschaftsraumes (LG Berlin, Urteil v. 21.12.2021, 63 S 94/20, GE 2022, 361). Die Duldungspflicht für eine Modernisierungsmaßnahme entfällt, wenn sie gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt (LG Berlin, Urteil v. 16.12.2019, 65 S 124/19, ZMR 2020, 398; LG Berlin, Urteil v. 10.11.2017, 65 S 151/17, GE 2018, 55; Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 555b Rn. 12c; offen geblieben bei AG Berlin-Tempelhof/Kreuzberg, Urteil v. 25.4.2017, 24 C 224/16, GE 2018, 59).
2 Energieeinsparungsmaßnahmen
Rz. 2
Gem. § 555b Nr. 1 i. V. m. § 555d Abs. 1 hat der Mieter nicht nur Maßnahmen zur Einsparung von Endenergie, sondern auch solche zur Einsparung nicht erneuerbarer Primärenergie zu dulden. Die Regelung entspricht teilweise dem bislang geltenden § 554 Abs. 2 Satz 1, so dass insoweit die bisherige Rechtsprechung herangezogen werden kann. Unerheblich ist, ob die Maßnahme den Gebrauchswert der Wohnung verbessert oder finanzielle Vorteile für den Mieter mit sich bringt (AG Berlin-Mitte, Urteil v. 7.9.2021, 8 C 11/19, ZMR 2022, 54). Der Mieter muss die Maßnahme sogar dann dulden, wenn sie zu einer Verschlechterung des Wohnkomforts (vgl. dazu u.a LG Berlin, Urteil v. 10.11.2017, 65 S 151/17, GE 2018, 55, 59) führt (z. B. Verkleinerung der lichten Fenstermaße durch Außenwärmedämmung, verminderter Lichteinfall durch breitere Rahmen der Isolierverglasung).
Da die Energieeinsparung gerade in Bezug auf die Mietsache erfolgen muss, muss sie zumindest wirtschaftlich in sachlichem Zusammenhang mit dem Mietgebrauch stehen, wobei von den Legaldefinitionen der außer Kraft getretenen §§ 3 und 4 ModEnG ausgegangen werden kann (OLG Hamm, RE v. 30.5.1983, 4 RE-Miet 8/82, NJW 1983, 2331). Die Einsparung muss der Mietsache in irgendeiner Weise zugutekommen (Hinz, ZMR 2012, 153, 155). Eine Heizkostenersparnis beim Mieter ist jedoch nicht erforderlich (BGH, Urteil v. 3.3.2004, VIII ZR 149/03, ZMR 2004, 424; Hinz a. a. O.). Bauliche Veränderungen, die nur einem Teil des Wohnhauses dienen und daher nicht allen Wohnungen zu Gute kommt, z. B. die Dämmung von Außenfassaden, die die mit Einzelöfen beheizte Wohnung des Mieters nicht mit umschließen, gehören auch dazu (LG Berlin, Urteil v. 4.7.2017, 63 S 306/16, GE 2017, 1024; a. A. LG Berlin, Urteil v. 9.2.2014, 65 S 56/12, GE 2014,874; Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 555b Rn. 27). Nicht dazu gehören Energieeinsparmaßnahmen, die nur der Allgemeinheit nützen, wie – mit ganz wenigen Ausnahmen – die Stromerzeugung durch Photovoltaikanlagen und Windräder. Dagegen ist bei Sonnekollektoren der Bezug zur Mietsache vorhanden, weil die aus der Sonneneinstrahlung gewonnene Energie unmittelbar genutzt wird (Schmidt-Futterer/Eisenschmid § 555b Rn. 28).
Die Maßnahmen sind zudem nur duldungspflichtig, wenn sie nachhaltig Energie einsparen. Nach der Rspr. des BGH (BGH, Beschluss v.10.4.2002, VIII ARZ 3/01, ZMR 2002, 503; BGH, Urteil v. 3.3.2004,VIII ZR 149/03, ZMR 2004,424; BGH, Urteil v. 3.3.2004, VIII ZR 151/03, WuM 2004, 288) bedeutet nachhaltig messbar und dauerhaft. Jedoch ist eine Einsparung von Primärenergie nicht messbar, sondern nur anhand von wertenden Faktoren berechenbar. Der bisherige Begriff der Nachhaltigkeit dürfte dahe...