Rz. 96
Haben sich die Betriebskosten, für die Vorauszahlungen vereinbart worden sind, gegenüber dem Stand zur Zeit der Vereinbarung verändert, so stehen sowohl dem Vermieter als auch dem Mieter von Wohnraum ein Anspruch auf Anpassung der vereinbarten Vorauszahlungen zu, jedoch nur nach einer Abrechnung (§ 560 Abs. 4). Auch in Ausnahmefällen (überproportionale Steigerung der Betriebskosten während eines Abrechnungszeitraums) kann also der Vermieter nicht mehr einseitig gemäß den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Betriebskostenvorauszahlungen den gestiegenen Betriebskosten anpassen. Mietvertraglich – auch formularmäßig – kann aber vereinbart werden, dass der Vermieter einseitig das Recht hat, die vereinbarten Vorauszahlungen für die Zukunft bis zu einem Betrag zu erhöhen, der sich aus der voraussichtlichen Höhe der gesamten Betriebskosten verteilt auf zwölf Monate ergibt. Für die Anpassung durch den Mieter genügt auch die vom ihm selbst erstellte Abrechnung (BGH, Urteil v. 6.2.2013, VIII ZR 184/12). Bei getrennten Vorauszahlungen für Heizkosten und sonstige Nebenkosten gilt Anpassungsrecht für die jeweiligen Vorauszahlungen gesondert (LG Duisburg, Beschluss v. 22.2.2006, 13 T 9/06, WuM 2006, 199).
Voraussetzung für die Erhöhung der Vorauszahlungen durch den Vermieter ist eine formell und inhaltlich korrekte Abrechnung (BGH, Urteil v. 15.5.2012, VIII ZR 246/11, WuM 2012, 321). Weitere Voraussetzung ist, dass sich aus der formell wirksamen und inhaltlich korrekten Abrechnung eine Nachforderung ergibt. Die verspätete Abrechnung der Betriebskosten schließt eine Anpassung des Betriebskostenvorschusses für die Zukunft nicht aus (LG Berlin, Urteil v. 14.9.2009, 67 S 44/09, ZMR 2010, 115; AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 14.7.2009, 105 C 18/09, GE 2011, 823). Nach einer Betriebskostenabrechnung ist eine Anpassung der Vorauszahlungen auch dann möglich, wenn bereits die folgende Abrechnungsperiode abgelaufen, aber noch nicht abgerechnet ist (BGH, Urteil v. 18.5. 2011, VIII ZR 271/10, GE 2011, 881). Eine Erhöhung der Betriebskostenvorschüsse ist auch nicht deswegen unwirksam, weil sie wenige Tage vor Zugang der Betriebskostenabrechnung erfolgt (LG Berlin, Urteil v. 7.1.2011, 63 S 177/10, GE 2011, 612). Ist die Abrechnung in einzelnen Punkten materiell unwirksam (z. B. weil die Wasserversorgungskosten in einer Mischeinheit mangels Vorwegabzugs für das Gewerbe nicht umlegbar sind), so kommt es darauf an, ob nach Abzug der entsprechenden Betriebskostenart noch eine Nachforderung verbleibt (vgl. auch Schmid, MDR 2001, 1021).
Voraussetzung für den Herabsetzung der Vorauszahlungen durch den Mieter ist ebenfalls eine formell wirksame und inhaltlich korrekte Abrechnung (BGH, Urteil v. 6.2.2013, VIII ZR 184/12) – entweder durch ihn oder den Vermieter –, aus der sich ein Guthaben des Mieters ergibt. Bei einem durch Absetzung von materiell nicht umlegbaren Positionen sich ergebenden Guthaben ist danach zu unterscheiden, ob die Herabsetzung darauf beruht, dass die Kosten als Betriebskosten – generell oder individuell – nicht umlegbar sind oder nur der Höhe nach im Einzelfall nicht, weil ein falscher – oder nicht zulässiger – Umlagemaßstab gewählt worden ist. Sind die Kosten generell nicht als Betriebskosten umlegbar (z. B. weil es sich um Verwaltungs-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungskosten handelt oder weil die Umlage dieser Betriebskostenart nicht oder nicht wirksam vertraglich vereinbart worden ist), so kann der Mieter die Herabsetzung der Vorauszahlungen verlangen, wenn sich aus der Absetzung dieser Positionen – aus seiner Abrechnung oder derjenigen des Vermieters – ein Guthaben ergibt. Beruht das Guthaben dagegen nur darauf, dass die vereinbarungsgemäß umgelegten Kosten nur mangels des richtigen Umlagemaßstabes – ganz oder teilweise – nicht umgelegt werden können, so kann der Mieter die Vorauszahlungen nicht einseitig herabsetzen, weil sie vereinbarungsgemäß notwendig sind, um die Betriebskosten des Vermieters abzudecken.
Für die Herabsetzung der Vorauszahlungen ist die Abrechnung über den letzten Abrechnungszeitraum maßgebend, für den Abrechnungsreife eingetreten ist.
Rz. 97
Die Anpassung erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige Gestaltungserklärung des Vermieters oder des Mieters, für die die Textform ausreicht, also auch Telefax (aber wohl nicht E-Mail). Mehrere Vermieter oder Mieter müssen alle zusammen die Anpassung geltend machen (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 560 Rn. 70). Die Erklärung muss auch allen Vertragspartnern zugehen, wobei für den Vermieter der Zugang der an alle Mieter adressierten Anpassungserklärung dann ausreicht, wenn in dem Mietvertrag formularmäßig vereinbart ist, dass die Mieter sich gegenseitig zum Empfang von Erklärungen des Vermieters bevollmächtigen. In der Erklärung muss der genaue Betrag der – erhöhten oder herabgesetzten – Vorauszahlung und der Beginn der Anpassung angegeben werden (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 560 Rn. 71, 72). Mit Zugang der entsprechenden Erk...