Rz. 49
Die sog. Kappungsgrenze ist mit Wirkung vom 1.1.1983 durch das Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen (BGBl. 1982, I 1912) eingeführt worden und dient als weiteres (Preisbindungs-)Instrument zur Regulierung der Mietentwicklung, vor allem zum Schutz vor abrupten Mietsteigerungen. Sie gibt neben der Beschränkung auf die ortsübliche Vergleichsmiete eine zusätzliche Begrenzung. Der Vermieter kann jedenfalls nicht mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen; ergibt die Anwendung der Kappungsgrenze eine niedrigere Miete, kann nur diese verlangt werden, wird die ortsübliche Vergleichsmiete "gekappt".
Kappungsgrenze
§ 558 Abs. 3 enthält die Definition der Kappungsgrenze. Damit ist das der Höhe nach nur durch die ortsübliche Vergleichsmiete beschränkte Recht des Vermieters, eine höhere Miete verlangen zu können, durch eine Kombination von Prozentsatz (20 % oder 15 %) und Zeitraum (innerhalb von drei Jahren) weiter begrenzt.
Die Kappungsgrenze beträgt ab 1.9.2001 20 %. Der Gesetzgeber meinte, Mieterhöhungen im Rahmen der bis dahin geltenden Kappungsgrenze von 30 % könnten, insbesondere bei Haushalten mit niedrigem Einkommen, die häufig in preiswerten Wohnungen wohnen, zu Härten führen. Um diese Härten abzumildern, wurde die Kappungsgrenze auf 20 % abgesenkt. Das sei insoweit Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, Art. 14 Abs. 2 GG. Die Kappungsgrenze beträgt nach dem Mietrechtänderungsgesetz 2013 15 %, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist. Dazu werden die Landesregierungen ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen (vgl. Liste der entsprechenden Gemeinden bei Schmidt-Futterer/Börstinghaus § 558 Rn.182 f.). Es reicht keine "einfache" Gefährdung der Bevölkerung, sondern es muss eine "besondere Gefährdung" der Versorgung der Bevölkerung vorliegen. Maßstab dafür, ob die Versorgung zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist, dürfte nur das in der jeweiligen Region vorliegende Verhältnis des Haushaltsnettoeinkommens zur Mietbelastung sein (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558n Rn.182e) Bei entsprechendem Sachvortrag muss von den Mietgerichten überprüft werden, ob die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage vorlagen und ob die Gemeinde zu Recht in die Landesverordnung aufgenommen wurde (BGH, Urteil v. 4.11.2015, VIII ZR 217/14, GE 2016, 113; LG Berlin, Urteil v. 3.7.2014, 67 S 121/14, WuM 2014, 554).
Beispiel 1
Die vereinbarte Miete beträgt seit drei Jahren 500 EUR. Die ortsübliche Vergleichsmiete liegt zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens bei 700 EUR. Die gekappte Miete liegt bei 600 EUR (500 EUR × 20 %). Der Vermieter kann daher nur eine Mieterhöhung auf 600 EUR verlangen.
Beispiel 2
Läge die ortsübliche Vergleichsmiete nur bei 580 EUR, könnte nur eine Erhöhung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete von 580 EUR verlangt werden.
Das Beispiel zeigt deutlich den Sinn der Kappungsgrenze, die die abrupte Mietsteigerung verhindern will. Denn die ortsübliche Vergleichsmiete wird normalerweise in drei Jahren nicht im beispielhaft angeführten Mietenniveau um 200 Euro steigen. Derartige Sprünge kommen jedoch dann vor, wenn der Vermieter über einen längeren Zeitraum keine Mieterhöhung vorgenommen hat oder wegen einer bestehenden Preisbindung nicht vornehmen konnte. Das geht nach dem Willen des Gesetzgebers zu Lasten des Vermieters. Verfassungsrechtliche Bedenken (Eigentumsgarantie des Art. 14 GG) mögen nicht ausgeräumt sein, greifen jedoch nach der Rechtsprechung des BVerfG (Urteil v. 4.12.1985, 1 BvL 23/84, NJW 1986, 1669) nicht.
Ausgangsmiete zur Berechnung der Kappungsgrenze
Die der Berechnung der Kappungsgrenze zu Grunde zu legende Ausgangsmiete bestimmt sich auch im Falle einer Mietminderung wegen eines nicht behebbaren Mangels in Form nicht unerheblicher Wohnflächenabweichung nach der vertraglich vereinbarten Miete (BGH, Urteil v. 17.4.2019, VIII ZR 33/18, ZMR 2019, 6614; LG Berlin, Urteil v. 11.9.2014, 18 S 413/13, GE 2014, 1455).
Auch in Fällen, in denen sich nachträglich herausstellt, dass die tatsächliche Wohnfläche über der bis dahin von den Mietvertragsparteien angenommenen oder vereinbarten Wohnfläche liegt, kommt bei einseitigen Mieterhöhungen die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 zur Anwendung, zu deren Bemessung die zu Beginn des Vergleichszeitraums geltende Ausgangsmiete der ortsüblichen Vergleichsmiete gegenüber zu stellen ist (BGH, Urteil v. 18.11.2015, VIII ZR 266/14, GE 2016, 49). Bei einer Teilinklusivmiete ist die Kappungsgrenze von dieser zu berechnen (BGH, Urteil v. 19.11.2003, VIII ZR 160/03, GE 2004, 349).
Hinzuvermietung von Flächen
Bei Mietsteigerungen auf Grund der Hinzuvermietung von Flächen kann hier sowohl die ursprüngliche Miete um 15 % bzw. 20 % wie auch der Erhöhungsbetrag aus Anlass der Vertragserweiterung um 15 % bz...