Rz. 1
Auch ein qualifizierter Mietspiegel ist ein Mietspiegel i. S. d. § 558c Abs. 1. Darüber hinaus muss er jedoch nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden sein.
Das Gesetz definiert nicht, was unter anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen zu verstehen ist. In der Regierungsbegründung wird davon gesprochen, es müsse ein realistisches Abbild des Wohnungsmarktes geliefert werden. Dies könne durch Ziehung einer repräsentativen Zufallsstichprobe – möglichst durch eine Primärerhebung – aus der Grundgesamtheit erfolgen. Es solle bewusst auf eine Entscheidung zugunsten einer bestimmten Erstellungsmethode verzichtet werden, da es mehrere von der Wissenschaft anerkannte Methoden gebe (Tabellenmethode oder Regressionsmethode). Wegen der an den qualifizierten Mietspiegel geknüpften Rechtsfolgen müsse die Anwendung anerkannter wissenschaftlicher Methoden dokumentiert und damit nachvollziehbar und überprüfbar sein. Die angewandten Ermittlungsmethoden zur Erstellung des Mietspiegels sollen im Mietspiegel selbst sowohl dokumentiert als auch nachvollziehbar und überprüfbar sein (vgl. Kinne, ZMR 2001, 775, 782). Damit wird die Entscheidung in vollem Umfang den Gerichten überlassen, denen keine Einzelkriterien an die Hand gegeben werden. An den Begriff der "anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze" als Bedingung für die Qualifiziertheit eines Mietspiegels dürften keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sein, die Einhaltung von Grundsätzen im Sinne von gewissen Mindeststandards dürfte ausreichen (so AG Berlin-Charlottenburg, Urteil v. 12.3.2015, 203 C 527/14, GE 2015, 515). Wissenschaftlichkeit muss im Sinne einer praktikablen und verhältnismäßig machbaren Wissenschaftlichkeit verstanden werden.
Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete dürfen nach der Neufassung des § 558 Abs. 2 zum 1.1.2020 nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, in denen die Miete in den letzten sechs Jahren neu vereinbart (Neuvertragsmieten) oder geändert (geänderte Bestandsmieten) worden sind; bei Letzteren bleiben Änderungen der Betriebskosten nach § 560 außer Betracht. Maßgeblich sind die Mieten, die an einem konkreten Stichtag, der vom Mietspiegelersteller als Stichtag der Datenerhebung festgelegt wird, gezahlt werden. Die Sechs-Jahres-Frist bezieht sich auf diesen Stichtag. Dabei sind auch Staffel- oder Indexmietverträge zu berücksichtigen. Mietpreisbildende Faktoren sind nach § 558 Abs. 2 Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einer Wohnung ( vgl. dazu § 558 Rn. 12 – 15).
Die zu erwartenden Probleme des qualifizierten Mietspiegels werden vor allem bei der Repräsentativität der erhobenen Daten liegen. Darüber hinaus dürfte sich die Frage der Anerkennung durch Gemeinde bzw. Vermieter-/Mieter-Interessenvertretern zum jeweiligen Politikum entwickeln.
Der nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellte Mietspiegel muss zudem von der nach Landesrecht zuständigen Behörde oder von Interessenverbänden der Vermieter und der Mieter anerkannt worden sein. Die für die Erstellung oder Anerkennung von Mietspiegeln zuständige Behörde bestimmt sich nach Landesrecht. Mietspiegel dürfen auch für mehrere Gemeinden, zB auch für einen Landkreis, oder für Teile einer Gemeinde aufgestellt werden. Für die Zustimmung der Interessenvertreter genügt die Zustimmung je eines Interessenverbandes (LG Berlin, Urteil v. 31.8.2016, 65 S 197/16, GE 2016, 1509).